ÖVP: Gesamtschule bleibt Zündstoff
Mit den Beschlüssen bei der Regierungsklausur würde die Regierungspartei ÖVP gern den Mantel des Vergessens über die parteiinternen Querelen legen. In einer Krisensitzung Sonntagnacht wurde der eskalierte Streit über die Gesamtschule befriedet - mit einer vagen Positionierung, die nicht halten kann.
8. April 2017, 21:58
(c) Schlager, APA
Mittagsjournal, 14.1.2014
Unüberwindliche Hürde Wahlfreiheit
ÖVP-Obmann Michael Spindelegger nach dem Rapport der Landespartei- und Bündeobleute spät in der Nacht: "Das Gymnasium ist unverzichtbar. Das sagen alle in der Volkspartei. Bei der Frage der Schulversuche werden wir weiter diskutieren." - Weiterdiskutieren ist gut, aber auf dieser Grundlage werden die Befürworter von Modellregionen in der ÖVP nicht weit kommen. Denn die könnten einfach nicht funktionieren, ohne dass dort die Gymnasien zu Gesamtschulen werden, sagt Erich Svecnik vom Bundesinstitut für Bildungsforschung Innovation und Entwicklung (BIFIE).
Svecnik ist im BIFIE für die Evaluation von Schulversuchen zuständig und würde wohl auch Gesamtschul-Modellregionen evaluieren, wenn es sie denn gäbe. Dazu müsste aber in die Wahlfreiheit der Eltern eingegriffen werden, die der ÖVP heilig ist. Svecnik dazu: "Völlig klar, dass das ethisch unheimlich problematisch ist - mit Wahlfreiheiten umzugehen, Wahlfreiheiten einzuschränken. Aber sobald es Wahlfreiheit gibt, hat man nicht mehr die durchschnittliche Population in dieser Schulform. Sondern dann werden die Eltern reagieren und ihre Kinder in andere Schulen geben, so dass man in den so bezeichneten Gesamtschulen nicht volle Population drinnen hat."
Widerstand gegen Idealfall
In Vorarlberg wird ja darüber nachgedacht, das ganze Bundesland zur Modellregion zu machen. Das wäre ein ideales Konzept, findet Svecnik, sollte es gelingen, auch die AHS, also die Gymnasien einzubinden. Denn die Gymnasien müssten dabei sein , "sonst gibt es die erwähnten Selektionseffekte und eine bestimmte Gruppe ist nicht mehr in diesem Gesamtschulmodell."
ÖVP-Obmann Spindelegger fürchtet dieses Szenario einer echten Modellregion. Da zwinge man Eltern, die die Kinder ins Gymnasium geben wollen, zum Auswandern, ist sein Einwand. Damit erklärt sich auch, warum der Grün-Abgeordnete Harald Walser sich schwer tut, für einen Entschließungsantrag zur Ermöglichung der Modellregion Vorarlberg Unterstützer in der ÖVP zu finden. Nationalratspräsident Karlheinz Kopf will nicht, auch der Vorarlberger ÖVP-Mandatar Norbert Sieber traut sich nicht. Und sogar den SPÖ-Abgeordneten Elmar Mayer, ein Kämpfer für die Gesamtschule, hat die Koalitionsräson gepackt: Keine Unterschrift unter den grünen Antrag. Obwohl sich alle drei in den im Land mächtigen "Vorarlberger Nachrichten" vollmundig für die Modellregion ausgesprochen haben.