GB: Keine Belege für "Sozialtourismus"

Seit Jahresbeginn dürfen sich nach einer Übergangsfrist jetzt auch Rumänen und Bulgaren in einem anderen EU-Staat niederlassen und Arbeit suchen. Vorbehalte dagegen gibt es vor allem in Deutschland und Großbritannien, die "Sozialtourismus" fürchten. Jetzt muss in Großbritannien die Regierung von David Cameron zurückrudern. Es gibt nämlich keine Beweise für ihre Sozialtourismus-These.

Mittagsjournal, 15.1.2014

Bericht auf Eis

Wer betrügt, der fliegt. So pointiert hat sich die deutsche CSU auf Rumänen und Bulgaren eingeschossen, denen pauschal der Verdacht unterstellt wird, sich Sozialleistungen in anderen Ländern erschleichen zu wollen. Ähnlich argumentiert auch die konservative Partei des britischen Premierministers David Cameron. Sie wollte demnächst einen Bericht vorlegen, mit dem ihre Argumente untermauert werden. Das Ziel: Migranten sollte der Zugang zu Sozialleistungen erschwert werden. Offiziell, um Missbrauch zu verhindern. Doch jetzt kommt alles anders. Denn Innenministerin Theresa May konnte keine Fakten finden, die den Sozialmissbrauch von Migranten belegt. Vorerst wird der "Bericht ohne Beweise" also auf Eis gelegt, vermutlich bis nach der EU-Wahl.

In Großbritannien ist die Stimmung gegenüber der EU schon seit Jahren gelinde gesagt unfreundlich. Trotz der Sonderstellung der Briten wird die EU für fast alles verantwortlich gemacht, was dem Königreich schadet. Der Arbeitsmarkt und die geschürte Angst vor Arbeitsmigranten ist nur ein Teil davon.

Profit statt Belastung

Dabei belegen Zahlen etwas anderes: In der EU arbeiten nur knapp drei Prozent der Bevölkerung im Ausland. Sie sind meist jünger und besser ausgebildet als die Menschen in den Gastgeberländern. Und sie zahlen mehr Steuern, als sie an staatlichen Leistungen zurückbekommen. Nettozahler also. Eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) belegt übrigens, dass ausgerechnet Deutschland und Großbritannien am meisten von der Ostöffnung der EU profitiert haben.

Die EU-Kommission hat jetzt einen Leitfaden herausgegeben, der sich mit dem Thema beschäftigt. Er fasst nur zusammen, was schon seit Jahren zwischen den EU-Staaten vereinbart ist. Kernstück: der gewöhnliche Aufenthaltsort. Er ist an familiäre Umstände, Schulbesuch von Kindern, Dauer der Arbeit oder die Wohnsituation gebunden. Nur so kommen Ausländer auch in den Genuss von Sozialleistungen. Einzelne Missbrauchsfälle sind daher genau als das zu bewerten was sie sind: kein Sozialtourismus. Für den gibt es nämlich, siehe britische Bemühungen, keine Beweise.

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