Ministerrücklagen verringern Defizit nicht

Um die Staatsausgaben zu senken, sollen die Bundesministerien um annähernd 500 Millionen Euro weniger ausgeben. Damit dieses Sparziel erreicht wird, wollen Ressortchefs auch Rücklagen auflösen. Das klingt deutlich besser, als es ist, denn Rücklagen aufzulösen kostet den Staat Geld - das der Staat aber nicht hat, wie eine WIFO-Expertin erläutert.

Stapel Euro-Banknoten

APA/PFARRHOFER

Mittagsjournal, 24.1.2014

15 Milliarden Euro Reserven

Seit fünf Jahren, seit 2009, gilt das neue Haushaltsrecht - mit einem großen Unterschied zum alten. Wenn ein Ministerium weniger Geld verbraucht als vorgesehen, dann darf es den Differenzbetrag ins Folgejahr mitnehmen. Das sollte die Ressortchefs animieren, sparsam zu sein, durch weniger Ausgaben die Zinslast des Staates zu senken und mittelfristig zu planen, zum Beispiel Infrastrukturprojekte oder Großinvestitionen. Grundsätzlich können sie die Reserven beliebig verwenden. Die Rücklagen der Ministerien summieren sich mittlerweile auf mehr als 15 Milliarden Euro - das sind 20 Prozent der gesamten Bundesausgaben eines Jahres, so steht es im Bundesrechnungsabschluss für 2012. Der Abschluss für das Vorjahr ist noch nicht fertig.

"Kein Blankoscheck für die Zukunft"

Die Minister der vergangenen Jahre haben sich in den meisten Fällen sparsam gezeigt und weniger ausgegeben als veranschlagt. So weit so gut. Auf die Reserven können die Minister dennoch nicht so einfach zugreifen wie etwa unsereins auf ein Guthaben, das wir auf ein Sparbuch eingezahlt haben. Beim Bund läuft das anders - es wird nicht vorgesorgt, sondern im Bedarfsfall Geld besorgt. Die Budgetexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Margit Schratzenstaller: "Rücklagen müssen natürlich auch finanziert werden und sind kein Blankoscheck für die Zukunft."

Das spreche nicht gegen das Modell der Rücklagenbildung, sagt Schratzenstaller, aber es brauche mehr Transparenz, denn wird eine Rücklage aufgelöst sei das kein Sparbeitrag, "es sei denn, es wird an anderen Stellen im Ministerium gespart. Aber wenn Rücklagen einfach aufgelöst werden, dann erhöht das entsprechend das Defizit."

Neuverschuldung erhöht sich

Die Rücklagen in den Budgets sind also eine Art ungedeckter Scheck, den die Ministerien dem Finanzminister vorlegen. Dieser Scheck wird erst zu Geld, wenn ein Ressort Bedarf anmeldet und einlösen will. Der Finanzminister lehnt ab oder stimmt zu. Sagt er ja, kommt er so gut wie nicht an neuen Krediten vorbei, die Neuverschuldung steigt. In der jüngsten Analyse des parlamentarischen Budgetdienstes heißt es dazu, Zitat: "Da die Rücklagenentnahmen nicht budgetiert werden, ist im Finanzjahr 2013 jede Verwendung mit einer Mittelüberschreitung verbunden, die sich in aller Regel negativ auf das Maastricht Ergebnis auswirkt." Anderes gesagt: Die geringeren Staatsausgaben von gestern werden zu den höheren von morgen.

"Rücklagenauflösungen budgetieren"

Der parlamentarische Budgetdienst sieht in hohen, nicht finanzierten Rücklagebeständen sogar ein Risikopotenzial. Der Grundsatz der Budgetwahrheit und -klarheit könnte beeinträchtigt sein. Und weiter heißt es auf Seite 36 der Analyse: "Im Sinne einer transparenten Veranschlagung wäre es angezeigt, alle geplanten Rücklagenauflösungen zu budgetieren und die daraus finanzierten Auszahlungen in voller Höhe in den Voranschlag aufzunehmen."

Wirklich sparen und Budget konsolidieren heißt aus Sicht der Experten daher, an die Substanz gehen und strukturelle Ausgaben, etwa bei Förderungen, Pensionen oder Gesundheit dauerhaft zu senken.