Ukraine: Proteste gehen weiter

In Kiew soll sich morgen in einer Parlamentssitzung zeigen, ob Präsidenten Viktor Janukowitsch zu einem Kompromiss mit der Opposition bereit ist. Noch ist keine Einigung nicht in Sicht. Janukowitsch hat der Opposition am Wochenende Regierungsposten angeboten, was diese abgelehnt hat, weil die Macht in den Händen des Präsidenten bleibt. Die Proteste gingen in der vergangenen Nacht weiter. Demonstranten stürmten das Justizministerium.

Morgenjournal, 27.1.2014

Demonstranten kamen trotz Kälte

Seit Beginn der Bürgerproteste Anfang November verfolgte der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch offensichtlich eine Strategie des Aussitzens gepaart mit politischer und polizeilicher Repression. Dazu zählte die handstreichartige Verabschiedung von Gesetzen, die bürgerliche und mediale Freiheit massive einschränken sollten. Hinzu kommen fünf tote Demonstranten. Dazu sagt in Kiew der Abgeordnete der oppositionellen Partei "Vaterland", Ostap Semerak: "Leider hat Janukowitsch Zeit vergeudet. Denn er dachte, dass der Frost und der Winter in der Ukraine dazu führen würden, dass die Leute nach Hause gehen. Dieses Szenario ist nicht eingetreten, sondern das Gegenteil. Auf den Straßen von Kiew hatten wir in der Nacht minus 20 Grad, doch es waren Zehntausende draußen, um die Erfüllung ihrer Bedingungen zu fordern. Den Menschen fällt das schwer, sie sind müde und daher wird es immer schwieriger, einen Kompromiss zu finden."

Forderungen der Opposition

Ostap Semerak ist der außenpolitische Berater von Arseni Jazenjuk, der derzeit die Partei führt, weil ihre Vorsitzende, Julia Timoschenko, noch immer im Gefängnis sitzt. Semerak betont, dass die Oppositionsparteien keinen Kompromiss akzeptieren können, den nicht auch die Demonstranten annehmen, die bereits seit drei Monaten in der Ukraine auf die Straße gehen. Ostap Semerak: "Ohne Unterstützung der Straße kann die Opposition keine Verhandlungen führen. Diese Gespräche mit dem Präsidenten finden auf der Basis regelmäßiger Beratungen mit den Bürgerbewegungen statt. So wurde ein 'Allukrainischer-Vereinigter Majdan' geschaffen, dem die Führer der Oppositionsparteien und der Bürgerbewegungen angehören. Dort werden die entscheidenden politischen Bedingungen formuliert. Hinzu kommen natürlich die Massenkundgebungen, wo die Oppositionsführer auch Unterstützung suchen. Die Straße fordert die Rücknahme der antidemokratischen Gesetze, die Bestrafung jener, die für Mord und Misshandlungen verantwortlich sind. Außerdem muss der Innenminister persönlich zur Verantwortung gezogen und vorgezogene Präsidenten- und Parlamentswahlen abgehalten werden."

"Volkszorn kaum zurückzuhalten"

Ostap Semerak sieht in der morgigen Parlamentssitzung jedenfalls einen Lackmustest für die Regierung von Präsident Viktor Janukowitsch: "Wenn sie die Gesetze zurücknehmen, die sie verfassungswidrig verabschiedet haben, wenn sie ein Amnestiegesetz für die Personen verabschieden, die verhaften und von Gerichten mit zwei Monate Gefängnis abgefertigt und von ihnen angeklagt wurden, dann werden wir das so verstehen, dass die Regierung in Richtung Kompromiss geht. Wenn Regierung und parlamentarische Mehrheit am Dienstag nicht bereit sein werden, diese Beschlüsse zu fassen, dann werden wir das so auffassen, dass alle ihre Vorschläge politische Spiegelfechterei sind. Dann liegt aber auch die gesamte Verantwortung für die weitere Entwicklung in der Ukraine bei ihnen. Und ich möchte unterstreichen, dass es den politischen Oppositionsführern immer schwere fällt, die Meinung der Bürger zu beeinflussen und den Volkszorn zurückzuhalten."