Syrien: Millionen auf der Flucht

Mehr als sechs Millionen Syrerinnen und Syrer sind innerhalb des Landes auf der Flucht, mindestens 2,4 Millionen ins Ausland. Die Nachbarländer sind zunehmend überfordert. 900.000 Flüchtlinge leben im Libanon, das ist rund ein Viertel der Bevölkerung. Nach Jordanien sind 600.000 Syrer geflohen - ein Zehntel der jordanischen Bevölkerung. In den Flüchtlingslagern bemühen sich internationale Hilfsorganisationen um größtmögliche Normalität.

Mittagsjournal, 3.2.2014

Flüchtlingsstadt in der Wüste

Noch vor 18 Monaten war in diesem Teil der jordanischen Wüste nichts als Sand, heute bilden hier rund 21.000 Wohncontainer das Flüchtlingslager Zataari. Seit fast einem Jahr ist Kilian Kleinschmidt Leiter des Camps Zataari, das nicht nur das größte, sondern auch das am besten funktionierende Flüchtlingslager in Jordanien ist: "Als ich gekommen bin, habe ich gedacht, oh Gott, das ist ja ein Lager, das vollkommen außer Kontrolle geraten ist. In dem Sinne, dass es hier zu viel Gewalttätigkeiten kam zwischen den Flüchtlingen selber, den Flüchtlingen gegenüber den Hilfsorganisationen. Heutzutage haben wir kaum noch Kriminalität in dem Sinne, es wird zwar immer noch vom Gemeinschaftsgut gestohlen, aber wir versuchen das zu regulieren. Das Lager hat sich inzwischen zu einem funktionierenden System entwickelt, wo wir sehr genau wissen, was hier im Lager passiert."

Kinder ohne Zukunft

92.000 Menschen leben derzeit im Flüchtlingslager Zataari. Mehr als die Hälfe von ihnen sind Kinder, sagt Kleinschmidt: "Was uns Sorgen macht ist zu beobachten, wie die Kinder hier sich im Grunde nicht als Kinder entwickeln, sondern als kleine Erwachsene. Und den Kindern die Möglichkeiten zu geben, in die Schule zu gehen und auch positiv an die Zukunft zu denken, ist eine der schwierigeren Aufgaben hier."

Kleinschmidt leitet das Camp Zataari nicht wie ein Flüchtlingslager, sondern wie eine Kleinstadt. Kleinschmidt: "Wir brauchen ganz klar jetzt ein vernünftiges Wasserleitungssystem, das Wasser in die Haushalte bringt. Das Stromsystem muss ausgebaut werden, das Abwassersystem muss ganz schnell entwickelt werden und wir versuchen auch hier ein Verkehrssystem aufzubauen, um den Menschen hier die Möglichkeit zu geben, auch innerhalb des Lagers einen besseren Transport zu finden."

Belastung für Jordanien

300 neue Flüchtlinge kommen derzeit jede Nacht nach Zataari. In ganz Jordanien leben derzeit fast 600.000 geflüchtete Syrerinnen und Syrer. Mit ihnen ist die jordanische Bevölkerung um ein Zehntel gewachsen. Kleinschmidt: "Das ist eine wahnsinnige Belastung gerade hier in Jordanien in Bezug auf Wasser, es ist schwierig mit dem Wohnraum, weil alles einfach voll ist. Was uns allen Sorgen machen muss ist der desolate Zustand der Menschen, die ganz klar nicht nur aus drei Jahren Krieg kommen, sondern aus Jahrzehnten von schlechter Zusammenarbeit zwischen Staat und den Menschen und die sehr wenig Vertrauen haben, in alles das mit Kontrolle, mit Autorität, einfach mit dem Gesetz zu tun hat."

Übersicht

  • Naher Osten