Unmut über Pressefoyer reißt nicht ab
Der Ärger der Journalistenschaft über das "Pressefoyer" nimmt nicht ab. Denn auch heute standen wieder Minister statt Kanzler und Vizekanzler nach der Regierungssitzung Rede und Antwort. Die Doyenne der österreichischen Innenpolitik-Berichterstattung, Anneliese Rohrer, ruft zu einem Boykott des Pressefoyers auf. Aber auch Regierungsmitglieder sehen diese neue Form des Pressefoyers kritisch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 18.02.2014
"Information ist keine Gnade"
"Unter der neuen Regierung , aber auch schon vorher, ist es nur mehr Farce", sagt Rohrer. Wolfgang Sablatnig und Barbara Toth stimmen dem zu: "extrem unklug", "eine traurige Farce". Seit einigen Wochen treten - nach der Regierungs-Sitzung - nicht mehr Kanzler und Vizekanzler vor die Presse, sondern Fachminister. Rohrer geht damit der Sinn des Pressefoyers nach mehr verloren, nämlich den Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Die plädiert dafür, "dass man sich das nicht mehr gefallen lässt, weil es nicht einer modernen Demokratie entspricht. Sie sind nicht dazu da, irgendwelche kleinen Schnipseln hinzuwerfen, sondern sie sind dazu da, Rede und Antwort zu stehen."
Anneliese Rohrer kritisiert aber auch die Journalistinnen und Journalisten selbst: "Wir haben immer noch die Vorstellung, die Information, die uns gegeben wird, ist eine Gnade. Und nicht, dass wir sie verlangen können."
Journalisten überlegen "Retourkutsche"
Wolfgang Sablatnig sagt, es sei offensichtlich, dass Kanzler und Vizekanzler die Fragen der Journalisten eher meiden wollen. "Wenn sie glauben, dass sie mit Verstecken bessere Kommentare bekommen, fürchte ich, sie haben sich getäuscht." Die Journalisten sollten sich überlegen, den Spieß umzudrehen und selbst als Standesvertreter die Politiker zu einer "ordentlichen Pressekonferenz" einladen. Und wer nicht kommt, blamiert sich", sagt die Journalisten Barbara Toth.
Annette Gantner sieht in der neuen Präsentation auch eine Gefahr für Kanzler und Vizekanzler, dass nämlich die Pressefoyers durch die Minister später einmal besser werden könnten.
Klug: "Situationselastisch"
Aber nicht nur die Journalisten sehen das neue Pressefoyer kritisch, auch bei Regierungs-Mitgliedern klingt so etwas an. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) meint, dass man Pressefoyer alt und neu auch kombinieren könnte. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) hingegen meint, dass auch die Fachminister etwas zu sagen hätten, die Presse es aber nicht hören wollte.
Anneliese Rohrer sagt, eigentlich sollte das Pressefoyer abgeschafft werden: "Keiner hat offenbar die Selbstkritik einzusehen, ich kann das nicht. Oder hat den Mut zu sagen, ich will das nicht." Das nächste Mal ist der Vizekanzler, derzeit beim Ecofin in Brüssel, wieder da, sagt Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). Und sein Mitstreiter beim heutigen Pressefoyer, Gerald Klug (SPÖ), teilt für den Bundeskanzler mit, "dass sich das situationselastisch entwickeln wird".
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