Zeugin von Strasser "irritiert"
Im Korruptionsprozess gegen den ehemaligen ÖVP-EU-Mandatar Ernst Strasser ist am Donnerstag eine frühere Mitarbeiterin von Strassers ehemaligen Fraktionskollegen Othmar Karas als Zeugin befragt worden. Ulrike H. gab an, einen Abänderungsantrag zu einer Richtlinie aus dem Strasser-Büro bekommen zu haben und wegen der häufigen Nachfragen "irritiert" gewesen zu sein.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 6.3.2014
Assistentin muss aussagen
Mit stoischer Miene ist Ernst Strasser am Donnerstag ins Wiener Landesgericht gekommen. Auch diesmal musste er sich mit Krücken den Weg durch Reporter und Fotografen bahnen. Geladen war eine damalige Mitarbeiterin von Strassers früherem Fraktionskollegen Othmar Karas.
In der Befragung von Ulrike H. ging es vor allem um die sogenannte Anlegerschutzrichtlinie, zu der Karas' Büro Anfang 2011 einen Abänderungsantrag von Strasser erhalten hatte. Die damalige Assistentin von Karas war für diese Richtlinie und den entsprechenden Ausschuss zuständig.
Anrufe am Privat-Handy
"Es war für mich das erste Mal, dass ein Abgeordneter, der nicht mit einem bestimmten Ausschuss befasst war, etwas an uns herangetragen hat", sagte sie in der Befragung. Sie sei noch nie zuvor von einem Abgeordneten im Vorfeld von Abstimmungen angerufen worden, insbesondere nicht am privaten Mobiltelefon.
Strasser habe so oft urgiert, dass sie davon ausgegangen sei, er wolle, dass man seinen Antrag einbringt. Der Änderungsantrag stammte jedoch von den vermeintlichen Lobbyisten, zwei britischen Undercover-Journalisten. Strasser leitete ihn an das für das Thema Anlegerschutz zuständige Büro Karas weiter.
Auch Karas belastet Strasser
Sie habe aber nicht den Eindruck gehabt, dass Strasser die Änderungswünsche "auf Biegen und Brechen" einbringen wollte, gab die Assistentin auf eine Frage des Verteidigers zu Protokoll. Auf Nachfrage gab H. außerdem an, dass die endgültige Entscheidung bei Karas gelegen sei, und ob dieser mit Strasser zu der Richtlinie Kontakt hatte, konnte sie nicht sagen.
Karas hatte am Dienstag als Zeuge ausgesagt. Dass er den Antrag nicht eingebracht hat, begründete Karas auch mit der Vorgangsweise, die ihn skeptisch gemacht habe - so habe die Anzahl der Anrufe und E-Mails seitens Strassers Büro "nicht der Gewohnheit entsprochen".
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte das Urteil gegen Strasser – vier Monate Haft- im vergangenen November aufgehoben. Aus Sicht der Höchstrichter wurde nämlich nicht klar genug herausgearbeitet, dass Strasser das Geld für die Beeinflussung einer konkreten EU-Richtlinie - und nicht der EU-Gesetzgebung allgemein - verlangt hat. Darauf konzentriert sich nun der zweite Prozess.