Indien vor der Wahl: Die Wirtschaft
Die größte Demokratie der Welt - Indien - wählt ab Montag ein neues Parlament. Über ein Monat dauern diese Wahlen, laut Umfragen könnte es am Ende zu einem Regierungswechsel kommen. Davon erhoffen sich viele auch eine wirtschaftliche Trendwende. Denn Indien kämpft derzeit mit großen Problemen: im vergangenen Jahr ist das Wirtschaftswachstum eingebrochen und die Inflation ist mit neun Prozent sehr hoch.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 5.4.2014
Reformer Modi ist Hoffnungsträger
Neue Straßen, bessere Häfen, mehr Strom: Indien braucht vor allem bessere Infrastruktur. Denn fehlende Infrastruktur bremst derzeit das Wirtschaftswachstum, sagt der Wirtschaftskammer Experte für Südasien, Hans-Jörg Hörtnagl. So etwa gibt es immer wieder massive Stromabschaltungen.
Vorschläge für Reformen gibt es. Schwierig ist aber die Umsetzung, weil oft einige der insgesamt 28 Bundestaaten nicht mitmachen. Auch die Korruption konnte der jetzige Premierminister Manmohan Singh nicht eindämmen und so hoffen viele jetzt auf einen politischen Wechsel. Laut Umfragen könnte er in Gestalt von Narendra Modi kommen. Als Governor von Gijarat hat er im Kleinen geschafft, was ganz Indien dringend bräuchte, sagt die Unternehmensberaterin Martina Esberger-Chowdhury. Viele Unternehmen wollen sich dort ansiedeln, es gibt dort weniger Bürokratie, dafür eine tolle Infrastruktur, alles hat Narendra Modi zustande gebracht.
Setzen auf Mittelschicht
Politisch ist Narendra Modi nicht unumstritten, gehört er doch der Hindu-nationalistischen BJP Partei an. Und sowohl Hörtnagl als Esberger-Chowdhury bezweifeln, dass sich das Modell von Gujarat so einfach auf ganz Indien übertragen lässt. Denn die Reform der Infrastruktur ist ein weitaus größerer Brocken als die Marktöffnung 1991. Damals war Indien eine Planwirtschaft, wer mehr produzierte als vom Staat vorgegeben musste Strafe zahlen. Weil der Staatsbankrott drohte, wurde der Markt für Industriegüter geöffnet. Belohnt wurde das 20 Jahre lang mit Wachstumsraten um die 8 Prozent.
Laut Weltbank lebten 1981 60 Prozent der Inder und Inderinnen in extremer Armut, 2005 waren es 40 Prozent der Bevölkerung, heute sind es etwa 300 Millionen Menschen. Gleichzeitig hat sich eine zunehmend selbstbewusste Mittelschicht aus 150 Millionen Menschen gebildet, so Esberger-Chowdhury. Sie beobachtet, dass Dinge die in Europa gängig sind, auch in Indien heute Fuß fassen.
Diese städtische Mittelschicht ist es auch, die Indien für österreichische Unternehmen interessant macht. Denn wer sich in Indien ansiedelt, produziert ausschließlich für den indischen Markt, eine globale Werkbank wie das Nachbarland China ist Indien nicht. 130 österreichische Niederlassungen sind derzeit in Indien. Zuletzt haben österreichische Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von 650 Millionen Euro nach Indien exportiert.