Indien: Favorit Narendra Modi

Bis 12. Mai sind 814 Millionen Inder zur Parlamentswahl aufgerufen. Beobachter rechnen mit einem Machtwechsel. In Umfragen liegt die oppositionelle Indische Volkspartei weit vor den anderen großen Parteien. Ihr Spitzenkandidat und Ministerpräsident des westindischen Staates Gujarat, Narendra Modi, gilt als "Macher" und ist besonders bei Wirtschaftstreibenden beliebt.

Mittagsjournal, 7.4.2014

Polarisierender Favorit

Dass ein Bollywood-artiges Video zu einem Wahlkampf in Indien dazu gehört, versteht sich ja von selbst. Doch der, dessen Leistungen hier besungen werden, ist eigentlich äußerst konservativ. "Narendra Moodi - wir werden Dich an die Spitze führen - und dann wird alles gut", lautet der Text. Und die Meinungsumfragen besagen es klar: Modi wird die Wahl gewinnen. Wahrscheinlich wird es keine absolute Mehrheit, aber trotzdem eine komfortable relative.

Dabei polarisiert der Mann das Land. Denn er ist Hindu-Nationalist. Zwar bekennt sich die überwiegende Mehrheit der 1,2 Milliarden Inder zum Hinduismus - aber es gibt auch noch 160 Millionen Moslems im Land. Und für viele von ihnen ist Modi ein rotes Tuch. Denn 2002, so der Vorwurf der Muslime, habe Modi im Bundesstaat Gujerat, in dem er Premierminister ist, nichts gegen antimuslimische Ausschreitungen unternommen. Im Gegenteil, er habe sie sogar gutgeheißen. Mehr als 2.000 Menschen sind damals ums Leben gekommen.

Wirtschaftserfolg mit Schattenseite

Vor Gericht konnte ihm keine Schuld nachgewiesen werden. Doch moralisch habe er damals versagt, sagt Karan Thaper, ein berühmter Fernsehjournalist und ausgesprochener Gegner von Modi: "Als Regierungschef ist er für das, was in seinem Staat passiert in dreierlei Hinsicht verantwortlich. Erstens: Es hätte gar nicht so weit kommen dürfen. Zweitens: Er hat es nicht gestoppt, als es passiert ist. Und drittens bei der Hilfe für die Opfer. In allen drei Belangen hat sein Verhalten zu wünschen übrig gelassen."

Doch viele Inder sehen in Modi vor allem jenen Mann, der es geschafft hat, in seinem Bundesstaat die Wirtschaft anzukurbeln, Investoren zu motivieren. Das stimmt, sagt Felix Schmidt von der Deutschen Ebert Stiftung in Neu Delhi. Aber der gesellschaftliche Preis dafür sei hoch gewesen: Die sozialen Indikatoren seien unterdurchschnittlich, das Wachstum erfolgte auf Kosten der Gerechtigkeit.

Volksnah und berechnend

Modi gibt sich im Wahlkampf volksnah. Seine Wahlkampfveranstaltungen stehen unter dem Motto: "Tee trinken mit dem Spitzenkandidaten". Das soll daran erinnern, dass er als Bub in Zügen Tee verkauft hat. Dass auch er aus einfach Verhältnissen stammt. Jetzt im Wahlkampf würde er sich sehr moderat geben sagt Felix Schmidt. Aber was danach kommt bleibt fraglich. Schmidt vermutet, dass er dann stärker die hindu-nationalistische Karte spielen wird und sich stärker als konservativer Nationalist gebärden wird.

Und Modi kann auch anders - auch das hat er schon öffentlich gezeigt: So spricht er Drohungen in Richtung Pakistan und Ministerpräsident Nawaz Sharif aus. Doch auch das ist wohl Teil des Wahlkampfes. Als Regierungschef muss man auch in Indien Kompromisse schließen. Und ein Hitzkopf sei Modi nicht, sondern ein in sich ruhender, vernünftiger Mensch, so Felix Schmidt. In Sitzungen sei er überzeugend, und es sei klar, dass er erzkonservativ ist, so Schmidt. Das allerdings ist die indische Gesellschaft ja auch.