Ukraine: Russen buhlen um China

China hat sich im Konflikt um die Ukraine bisher ziemlich zurückgehalten. Sowohl der Westen als auch Russland versuchen, die chinesische Führung auf ihre Seite zu ziehen. Im UNO-Sicherheitsrat enthielt sich die Vetomacht China in Sachen Ukraine der Stimme, was Russland offenbar ziemlich ärgerte. Kurz vor dem für morgen geplanten Krisentreffen in Genf ist Russlands Außenminister Lawrow zu einem Blitzbesuch in Peking eingetroffen.

Mittagsjournal, 15.4.2014

China will sich raushalten

Wer hätte nicht gerne die Vetomacht China auf seiner Seite. Gestern war es Deutschlands Außenminister Steinmeier, heute klopft Russlands Chefdiplomat Lawrow in Peking an. Doch sieht es ganz danach aus, als ob sich China aus dem Konflikt um die Ukraine am liebsten gänzlich heraushalten möchte. Außenminister Wang Yi: "Solange sich die beteiligten Staaten zurückhalten, sich an vergangenen Übereinstimmungen halten und mit einander in direkte Gespräche treten könnte man den Konflikt lösen. Chinas wolle dabei ehrlich helfen.“ Dann wird es noch platter. China nehme eine objektive, gerechte und verantwortungsbewusste Haltung ein. Übersetzt aus dem Diplomatenchinesisch soll das wohl heißten, dass man in dem Konflikt nicht klar Position beziehen will.

Gegen jede Einmischung

China versucht im Ukraine-Konflikt den gleichen Abstand zu halten - zu Russland auf der einen Seite und den USA und der EU auf der anderen. Und das hat klare Gründe: Das Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheiten souveräner Staaten ist für Chinas Diplomatie unantastbar. Und so sieht man es nicht gerne, dass sich Moskau die Krim einfach unter den Nagel gerissen hat und jetzt offenbar versucht, die östlichen Landesteile der Ukraine zu destabilisieren. Schließlich verbietet sich China auch jede Einmischung von außen, wenn es um seine Regionen mit großen Minderheiten geht, etwa in Tibet oder in Xinjiang.

Gegengewicht zum Westen

Auf der anderen Seite pflegt China mit Russland aber eine wichtige, strategische Partnerschaft, die als Gegengewicht zum Westen, vor allem den USA, dient. Dass sich Peking offen gegen Moskau stellt, indem man etwa im UNO-Sicherheitsrat eine Resolution des Westens gegen Russland mitträgt. Das ist derzeit kaum denkbar. Dahinter steht klar Kalkül. Die aufstrebende Großmacht China will den USA die Stirn bieten. Und daran ändert auch nichts, dass man Vorgehen Moskaus in Peking keinesfalls gut heißt. Offen unterstützen will man es aber auch auf keinen Fall.

Und so offenbart das Zaudern und Herumlavieren ein Grundproblem der chinesischen Diplomatie: Wirtschaftlich ist Chinas längst zu eine Supermacht geworden. Doch scheint man auf der politischen Ebene oft nicht genau zu wissen, was man mit dieser neuen Macht eigentlich anfangen soll.