NGOs: "Budget ohne Visionen und Konzept"
Vernichtende Kritik am gestern präsentierten Budget kommt von den größten österreichischen Hilfsorganisationen. Keine Visionen, kein Konzept, nur das Fortschreiben unbefriedigender Zustände, und das in vielen wichtigen Bereichen wie Bildung, Pflege, Entwicklungszusammenarbeit - das bemängeln Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz und SOS-Kinderdorf.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 30.4.2014
"Unterlassene Hilfeleistung"
Der Begriff Hypo Alpe-Adria fällt heute in der Pressekonferenz besonders oft. Was man mit der Summe, die die Bank den Steuerzahler kostet, hätte anfangen können, rechnen die Vertreter der vier Hilfsorganisationen vor. Dass im nächsten Jahr die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit von 82 auf 65 Millionen Euro gekürzt werden sollen, sei eine Schande, sagt Caritas-Präsident Michael Landau: Das sei gleichzusetzen mit unterlassener Hilfeleistung für Menschen in Not. Damit werde gespart beim Aus- und Aufbau von Brunnen, landwirtschaftlichen Schulungen, Bildungsmaßnahmen für Frauen, für Menschen, die ums Überleben kämpfen.
"Beschämend"
Auch der Auslandskatastrophenfonds sei nicht mehr wie im Regierungsprogramm vorgesehen mit 20 sondern nur mehr mit 5 Millionen dotiert, kritisiert Rot Kreuz-Präsident Gerald Schöpfer. Beschämend sei das, ebenso wie die Visionslosigkeit im Pflegebereich. Er hätte gerne gehört, wie sich die Regierung die Betreuungs- und Pflegelandschaft der Zukunft vorstellt: "Woher sollen die 22.500 Vollzeit-Pflegekräfte kommen, die bis 2025 fehlen?"
Finanzminister Michael Spindelegger habe gestern erklärt, dass Fleißaufgaben jetzt nicht mehr an der Zeit sind. Daraus schließe er, so der Direktor der Diakonie, Michael Chalupka, dass er die wichtigen Zukunftsfragen als Fleißaufgaben betrachtet. Viel mehr seien Pflege, Bildung und Behindertenbetreuung die Kernaufgaben des Staates.
Gesellschaft ohne Haftung
Auch für Kinder und Jugendliche habe das Budget keine Verbesserungen zu bieten, kritisiert Christian Moser, Geschäftsführer von SOS Kinderdorf. Beispiel: Jugendliche über 18, die nicht bei ihren Eltern leben, haben nach wie vor keinen Rechtsanspruch auf Unterstützung nach ihrer Volljährigkeit. Dafür müsse aber Geld da sein, denn es sei inakzeptabel, dass jungen Menschen die Chance genommen werde, in Ruhe erwachsen zu werden: "Es wäre fatal, sie mit 18 vor die Tür zu setzen. Kein verantwortungsvoller Elternteil würde das nie tun. Das Gesetz verlangt aber genau das."
Und das, Stichwort Hypo Alpe-Adria, würde auch gar nicht viel kosten, rechnet Christian Moser vor: acht Euro pro Österreicherin und Österreicher. Wenn schon die Bürger für das Hypo-Debakel haften müssen, sollten auch Politiker für die Ärmsten der Armen haften müssen, aber hier gebe es offenbar eine Gesellschaft ohne Haftung, sagt Michael Landau. Und so etwas wie Handschlagqualität gebe es in der Politik überhaupt nicht mehr, ärgert sich Gerald Schöpfer.