Annäherung an EU-Finanztransaktionssteuer

Seit vielen Jahren wird in der Europäischen Union über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer diskutiert. Elf EU-Staaten wollen die Steuer auf große Finanzgeschäfte einführen. Von dem heutigen Treffen der EU-Finanzminister wird ein vorsichtiger Schritt vorwärts nach den langen Verhandlungen der vergangenen Jahre erwartet.

Morgenjournal, 5.5.2014

Unterschiedliche Interessen

Unter den elf Eurostaaten, die die Finanztransaktionssteuer einführen wollen, sind Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und auch Österreich. Noch vor dem offiziellen Treffen der Euro-Finanzminister heute Nachmittag lädt Finanzminister Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) zu einem Koordinationstreffen der interessierten Ministerkollegen. Schließlich hat man sich vorgenommen noch vor der Europawahl vom 25. Mai zu einem Ergebnis zu kommen.

Die Europäische Kommission hat als quasi Regierung der EU ihren Vorschlag, wie genau eine europäische Steuer auf große Finanzgeschäfte aussehen müsste, schon vor Jahren gemacht. Warum jetzt selbst unter den elf Befürworterstaaten die Verhandlungen so zäh sind, erklärt der für Steuern zuständige Generaldirektor Heinz Zourek mit den unterschiedliche Interessen des jeweiligen Finanzsektors - je nach Größe, Aktivität auf den Finanzmärkten, und ob die Länder bereits eine Steuer haben oder nicht: "Jene, die schon eine solche Steuer haben, wollen möglichst wenig ändern."

Unrealistische Einnahmenerwartungen

Frankreich und Italien haben bereits eigene, nationale Finanztransaktionssteuern eingeführt. Die französische Regierung verlangt, dass bei einer europäischen Steuer die hochriskanten Derivatgeschäfte ausgenommen werden, die einen großen Teil der Geschäfte auf der Pariser Börse ausmachen. Italien wiederum will die Geschäfte mit Staatspapieren von der Steuer ausnehmen. Was wäre die Folge für die zu erwartenden Einnahmen bei einer derart eingeschränkten Steuerbasis? Der zuständige Generaldirektor Heinz Zourek sagt, ohne Derivate würden zwei Drittel der möglichen Einnahmen entgehen. Er wäre dafür, weder Derivate noch Staatsanleihen von der Steuer auszuschließen.

Die österreichische Bundesregierung hofft von der Finanztransaktionssteuer ab 2016 auf Einnahmen von 500 Millionen Euro im Budget. Dass das noch realistisch ist, wenn Derivatgeschäfte und Staatspapiere ausgenommen sind, glaubt Heinz Zourek nicht.

Absichtserklärung angepeilt

Ob eine EU-Regierung sich für oder gegen eine breit angelegte Finanztransaktionssteuer ausspricht habe wenig mit Parteipolitik - sozialdemokratisch, liberal oder konservativ - zu tun, argumentiert Heinz Zourek. Schließlich sind etwa in den Niederlanden, Irland und Luxemburg sowohl Sozialdemokraten als auch Christdemokraten dagegen. Es liege viel mehr an den nationalen Voraussetzungen.

Die Finanzminister aus den elf Befürworterstaaten wollen sich heute zumindest auf eine politische Absichtserklärung einigen, die Detailverhandlungen bis Ende des Jahres abzuschließen. Ein riesiger Fortschritt wäre das kaum, denn die grundsätzliche Absicht steht ja schon seit langem fest. Kommissionsvertreter Heinz Zourek sieht im besten Fall 2016 als das erste Jahr an, in dem diese Steuer tatsächlich eingehoben wird.