Experte: Ohne Steuerreform droht Steuerstreik

Eine Entlastung der österreichischen Steuerzahler ist nicht in Sicht. Zuerst müsse der Schuldenberg abgebaut werden, heißt es von der Regierung. Ganz anderer Meinung ist der Linzer Wirtschaftsprofessor und Steuerexperte Friedrich Schneider. Er fordert eine rasche Entlastung der Steuerzahler - ansonsten drohe ein Steuerstreik.

Morgenjournal, 6.5.2014

Steuerstreik der Unzufriedenen

Die Regierung unterschätze den Groll der Österreicher über das milliardenschwere Hypo-Debakel, über Rekordsteuern und steigende Belastungen durch die Kalte Progression, sagt Friedrich Schneider von der Uni Linz: "Das sieht doch niemand mehr ein, wenn er brutto 50 oder 60 Euro im Monat mehr Lohn bekommt, und dann bleiben zwei Leberkässemmeln übrig. Da fühlen sich die Leute, ich sags jetzt einmal höflich, auf den Arm genommen."

Eine Steuerentlastung müsse schon nächstes Jahr kommen, nicht erst in zwei oder drei Jahren, wie es die Regierung frühestens vor hat. Passiert das nicht, befürchtet Schneider weitreichende Folgen: "Wir stehen in Österreich, ich sehe das in vielen Gesprächen auf vielen Vorträgen, kurz vor einer Steuerrebellion. Die Leute sagen, mir reichts jetzt, warum soll ich als Normalverdiener die Hälfte von jeder Lohnsteigerung oder noch mehr sofort an den Staat abtreten."

Schneider sieht die Gefahr, dass sich die Unzufriedenheit zu einem Steuerstreik auswächst. "Wir haben mehrere Millionen, die Lohnsteuern zahlen. Wenn mehrere Hunderttausend das nicht machen, wird das sehr schwierig, allein mit Bescheiden das einzutreiben."

Regierung soll mutiger sein

Wie soll sich nun trotz der Rekordschulden durch die Hypo eine Entlastung ausgehen? Schneider setzt auf zwei Maßnahmen, die allein zwei Milliarden Euro bringen würden: eine Kürzung aller staatlichen Subventionen um sieben Prozent und eine schärfere Bekämpfung des Steuerbetrugs. Weiters fordert er eine großflächige Streichung von Ausnahmeregeln - dafür sollten die Steuertarife sinken: "Die Regierung müsste etwas mehr Mut und Tatendrang haben, das Steuersystem endlich zu vereinfachen, dann würde sich eine Steuersenkung locker ausgehen. Da könnte auch die Kalte Progression abgeschafft werden."

Kaum Alternativen

Gegen die von der SPÖ kritisierte europaweite Steuervermeidung großer Konzerne - durch die Verschiebung von Gewinnen in andere Länder - könne Österreich alleine gar nichts machen, sondern nur im Rahmen der EU, sagt Schneider. Und auch was die geplante Finanztransaktionssteuer betrifft ist er skeptisch. An den schon budgetierten Ertrag von 500 Millionen Euro ab dem Jahr 2016 glaubt der Wirtschaftsexperte nicht: Maximal 400 Millionen könnten hereinkommen - wenn wirklich elf EU-Staaten mitmachen und die Regelung nicht zu viele Ausnahmen hat.