Südafrika: Dankbarkeit für ANC

Der Rückhalt des ANC in der südafrikanischen Bevölkerung - trotz zunehmender Korruption - ist zu einem großen Teil auf Dankbarkeit zurückzuführen. Auch das Erbe Nelson Mandelas wird immer noch hochgehalten. Der ANC war die große Befreiungsbewegung, über hundert Jahre lang. Das sieht man über Probleme der heutigen Staatspartei hinweg. Dazu kommt, dass der ANC ein großer Machtapparat geworden ist.

Morgenjournal, 7.5.2014

Margit Maximilian in Johannesburg im Gespräch mit Cornelia Vospernik

Historische Mehrheit für Mandela-Partei

Der glänzende Lack ist abgeblättert vom African National Congress (ANC), der Partei Nelson Mandelas - wegen Korruption und Versagens. Dennoch wird bei der heutigen Parlamentswahl in Südafrika wieder eine absolute Mehrheit für sie erwartet. Möglich wird das wohl durch ein großes Maß an Dankbarkeit und Wählerloyalität. Denn schwarze SüdafrikanerInnen durften vor 20 Jahren, nach Ende des Apartheid-Regimes, das erste Mal wählen. Vielen ist das noch in frischer Erinnerung, und das Erbe Nelson Mandelas wird immer noch hochgehalten – der ANC wirbt daher auch weiter mit ihrem einstigen Führer, der erst vor einem halben Jahr gestorben ist. Der ANC war die große Befreiungsbewegung - da sieht man über die Probleme der heutigen Staatspartei ANC hinweg. Dazu kommt, dass die Partei jetzt ein riesiger Apparat ist: zum ANC gehört auch der mächtige Gewerkschaftsverband COSATU, die Jugendorganisation ANC Youth League und die Frauenvereinigung Women's League - auch die kommunistische Partei ist angebunden. Die Mobilisierungswirkung ist deshalb groß: beim Wahlkampffinale im Soccer-City Stadium in Soweto vor zwei Tagen waren 90.000 Menschen.

"Born Free": Zweifel am System

Das erste Mal wählen darf heute die Generation der "Born Free", die nach dem Ende der Apartheid geboren ist. Im Gespräch mit diesen jungen Menschen zeigt sich, dass viele davon wenig Hoffnung haben, was die Zukunft angeht – vor allem die Ärmeren, die in den Townships leben. Andere wollen abwarten und sehen, wie es in Südafrika weitergeht. Nicht wenige wollen diesmal nicht wählen, weil sie nicht glauben, dass ihre Stimme etwas ändern kann. Vielleicht, weil ihnen auch eine andere Partei als wirkliche Alternative fehlt.

Opposition im Kommen

Die größte Oppositionspartei – die Demokratische Allianz (DA) – macht unterdessen Fortschritte und erreicht heute vermutlich etwa ein Viertel der Stimmen. Langsam schafft die Partei es, das Image als "Partei der Weißen" loszuwerden und gewinnt immer mehr angesehene Unterstützer. Die Frage ist, wo für die DA die Grenze liegt. Ob sie es wirklich irgendwann schaffen kann, so groß zu werden wie der ANC, wird derzeit noch bezweifelt. Bis jetzt kann niemand dem ANC das Wasser reichen – die Karten werden – wenn überhaupt – erst bei der nächsten Wahl in fünf Jahren neu gemischt.