Ukraine-Kurs: Polen kritisiert Österreich

In Polen geht es beim EU-Wahlkampf vor allem um die Sicherheits- und Außenpolitik - gerade im Hinblick auf die Lage in der Ukraine. Für Osteuropa hat Russland eine tiefgreifende historische Bedeutung, mehr als für die westliche EU. Polen traut Russland nicht und kritisiert daher die fehlende Klarheit der EU-Position - und auch die Zweigleisigkeit mancher EU-Staaten, auch Österreichs.

Mittagsjournal, 7.5.2014

Polen von EU enttäuscht

"Für Polen statt gegen Polen" - so und ähnlich inhaltsschwer sind die Slogans der Parteien vor der EU-Wahl. In diesem Fall der Slogan der Partei "Recht und Gerechtigkeit" PIS. Der Wahlkampf findet weitgehend im Fernsehen statt, auf den Straßen sind kaum Plakate zu sehen. In den Umfragen liegen die regierende Bürgerplattform PO und die oppositionelle PIS knapp aneinander. Die Wahlauseinandersetzung wird ganz klar von einem Thema dominiert, erklärt Danuta Hübner, ehemalige EU-Komissarin und jetzt Kandidatin für das EU-Parlament der Bürgerplattform: "Die Ukraine hat wie nie zuvor das Thema Sicherheit auf die Tagesordnung gesetzt. In Polen haben wir uns traditionell auf Wachstum und Wettbewerb konzentriert, strukturelle Reformen, Beschäftigung. Doch diesmal geht es sehr stark um Außen- und Verteidigungspolitik."

Und Hübner macht klar: Polen hätte sich mehr von Europa erwartet. Man sei mit der Politik in Osteuropa hier besser vertraut als in vielen anderen Ländern, das Misstrauen gegenüber Moskau sei bis heute nicht verschwunden: "Wir denken, dass radikalere sektorale Sanktionen angewandt werden sollten. Auch wenn sie vielleicht nicht so effektiv sind wie wir erwarten, wären sie doch ein Symbol für transatlantische Einheit und Einheit in der EU."

Gleichzeitig fordert Hübner mehr Unterstützung für die Regierung in Kiew. Polen habe selber eine schwierige Transformation durchgemacht und verstehe daher besonders gut, welche Schwierigkeiten noch auf die Ukraine zukommen werden.

Kritik an Österreich und Deutschland

Unterschiedliche Auffassungen in der Russland-Frage gibt es bei den verschiedenen Parteien im Wahlkampf kaum. Die PIS fordert sogar ein noch härteres Vorgehen gegen Russland. Für die verständnisvolle Haltung gegenüber Moskau in manchen westlichen EU-Ländern gibt es kaum Verständnis, vor allem in Deutschland - aber auch in Österreich. Das zeigt ein aktueller Leitartikel in der angesehenen Tageszeitung Gazeta Wyborcza. Österreich sei ganz auf einer Linie mit Putin, heißt es da. Russische Oligarchen hätten ein Vermögen in Österreich investiert, jetzt schließe die OMV einen neuen Vertrag mit Gazprom ab - das sei ein fatales Signal für die Zukunft.

Polen betrachte die politische Entwicklung in Russland - hin zu einem immer autoritäreren Regime - schon länger mit Argwohn, erklärt Rafal Bajcuk, Politikwissenschaftler und einer der außenpolitischen Berater der polnischen Präsidentschaftskanzlei. Man sei davon ausgegangen, dass diese Meinung auch im Rest der EU geteilt werde: "Das Problem ist dass einige große deutsche Firmen so stark in Russland engagiert sind. Dass die Chefs dieser Firmen, etwa von Siemens, Putin in seinem Zarenpalast besucht haben, war für das öffentliche Bild Deutschlands in Polen ein Desaster. Und dann beschreibt er die Situation in der Ukraine auch noch als kurzfristige Turbulenzen, wie in einem Flugzeug! Das klingt für Polen wahnsinnig schlecht. Leider ist das Wissen in Deutschland über die Region zwischen seinen Grenzen und Russland sehr oberflächlich und begrenzt."

Klare Haltung für Ende der Krise

Das einzige Plus bei der Ukraine-Krise sieht Bajcuk darin, dass Außenpolitik wieder ein wichtiges Thema geworden sei. Ein rasches Ende der Krise erwartet allerdings niemand mehr. Nur eine einheitliche und klare Haltung der Europäer könnte Putin dazu bringen sich in der Ukraine zurückzuhalten. Doch was das betreffe, meint die ehemalige EU-Kommissarin Danuta Hübner, mache sich in Polen immer mehr Pessimismus breit.

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