Ministerium verteidigt Reformvorschläge
Das Justizministerium verteidigt das von Minister Brandstetter präsentierte Reformpaket, das im Detail von Richtern und Anwälten bereits heftig kritisiert wird. Man müsse den Entwurf in der Gesamtheit betrachten, sagt der zuständige Sektionschef Christian Pilnacek im Ö1-Gespräch.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 9.5.2014
Sektionschef Christian Pilnacek im Gespräch mit Andrea Maiwald
Schneller und billiger
Haft per Strafzettel ohne Prozess - das sei ein Vorschlag aus einem Paket von 45 anderen Vorschlägen, sagt Pilnacek. Und er wundere sich, dass sich Kritiker bereits nach einem Tag ein Urteil gebildet haben. In der Kritik werde nicht beachtet, dass das Verfahren nur dann möglich sei, wenn der Beschuldigte zum Anklagevorwurf vernommen worden ist, so Pilnacek: "Das heißt, er muss etwas wissen davon und er muss sich verteidigen können." Und Haftstrafen wären nur dann möglich, wenn der Beschuldigte durch einen Verteidiger vertreten werde. "Und ich gehe davon aus, dass ein Verteidiger genau weiß, was er zu tun hat."
Pilnacek verweist auch auf das Beispiel Deutschland, dort würden auf diese Weise 559.000 Verfahren abgewickelt. "Und ich glaube nicht, dass Deutschland ein geringeres Rechtsstaatsniveau hat oder Bürger, die mehr ihre Briefe lesen, als das in Österreich der Fall ist." Pilnacek hebt hervor, dass mit dem Schriftstück auch eine ordnungsgemäße Belehrung und die Möglichkeit zur Beratung innerhalb der Einspruchsfrist verbunden wäre. Weitere Vorteile, so Pilnacek: Die Verfahren würden damit deutlich beschleunigt, die Kosten verringert: "Die Strafe wird verhängt, ohne dass auf einen Termin für eine Hauptverhandlung gewartet werden muss, die Staatsanwaltschaft verringert ihre Sitzungsstunden, Zeugen- und Sachverständigenentschädigungen entfallen, der Angeklagte erspart sich die Blamage einer öffentlichen Hauptverhandlung. Man muss das alles im Verhältnis sehen." Außerdem liege es im Ermessen des Richters, das Verfahren so durchzuführen.
Für Einwände offen
Der Sektionschef verteidigt auch die Absicht, staatsanwaltliche Ermittlungen auf drei Jahre zu begrenzen: Das sei eine Objektivierung der Verfahrensdauer, und auch eine Unterstützung für die Staatsanwaltschaft, wenn ein Gericht feststellt, dass ein Verfahren so komplex sei, dass es in drei Jahren abgewickelt werden kann. Außerdem werde es mehr Personal geben.
Dass mit den Richtern über die Reform nicht geredet werde, weist Pilnacek zurück. Mit dem Begutachtungsentwurf sei die Einladung zu einem Gespräch im Justizministerium verbunden. Das Ministerium sei offen für Kritik und werde die Einwände abwägen.