Ukraine-Krise nützt Lukaschenko
Die Krise um die Ukraine nützt einem, der auf den ersten Blick völlig unbeteiligt erscheint: dem weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko. Sie hilft ihm dabei, seine Position weiter zu festigen - auch wenn er dabei komplizierte Balanceakte absolvieren muss.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 14.5.2014
Fast schon ein Demokrat
Weißrussland müsse bereit sein sich zu verteidigen - mit dieser Aussage ließ Lukaschenko vor kurzem aufhorchen. Gemeint war damit nämlich nicht der Westen, sondern die Bedrohung durch den Bruderstaat Russland, mit dem Weißrussland in einer Zollunion verbunden ist. Die Annexion der Krim setze ein schlechtes Beispiel, so Lukaschenko, in Zeiten der Bedrohung von außen müsse das Volk zusammenstehen. Bei der Bevölkerung komme diese Nachricht an, meint dazu die Journalistin Olga Schwed - sogar bei denen die der Führung kritisch gegenüberstehen: "Lukaschenko hat die Krise in der Ukraine gut genützt. Für den Westen schaut er schon fast wie ein Demokrat aus: Immerhin hat er niemanden bei Demonstrationen erschießen lassen so wie Janukowitsch. Bei uns werden Demonstranten verprügelt, aber nicht ermordet. Er zeigt sich dialogbereit, und Europa versteht, dass alles besser ist als eine Entwicklung wie in der Ukraine. Und für die Bevölkerung steht er jetzt als großer Kämpfer für die Unabhängigkeit da."
Balancekünstler Lukaschenko
Dabei betreibt Lukaschenko einen schwierigen Balanceakt. Einerseits anerkennt er die neue Regierung in Kiew und kritisiert die Annexion der Krim durch Russland. Bei der entsprechenden Abstimmung in der UNO-Vollversammlung unterstützt er trotzdem die russische Position. Er warnt vor Bedrohung durch Russland und bittet Moskau gleichzeitig, Kampfflugzeuge in Weißrussland zu stationieren, um das Land gegen die NATO zu beschützen.
Im Land selber gibt es keine Liberalisierung - das zeigt der Sender Belsat, für den Olga Schwed arbeitet. Er sendet vom polnischen Warschau aus über Satellit nach Weißrussland, seine Mitarbeiter werden regelmäßig schikaniert und bedroht. Eine Protestbewegung gegen die Führung sei derzeit trotzdem nicht in Sicht: "Lukaschenko ist sehr effektiv und hat große Erfahrung dabei Proteste zu unterdrücken. Würde es bei uns eine Bewegung wie am Maidan geben, wäre sie innerhalb einer halben Stunde vorbei." Gegner werden zu zur Abschreckung zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt, die breite Masse wird mit sicheren - wenn auch schlecht bezahlten Jobs - versorgt, das Land außerdem weitgehend von der Außenwelt abgeschottet - so funktioniere das System Lukaschenko.
Abschreckendes Beispiel Ukraine
Wirtschaftlich sei Weißrussland inzwischen weitestgehend von Moskau abhängig. Mit dem Lavieren zwischen Ost und West habe Lukaschenko durchaus eigennützige Motive: "Russland kann immer noch mehr von uns wollen: Die Schulen sind schon auf Russisch, die Unternehmen sind schon nach Russland verkauft. Aber wenn es nicht dabei bleibt? Hier versucht Lukaschenko, Widerstand zu leisten, weil er weiß: Wenn Weißrussland Teil Russlands wird, ist er ein Niemand", meint die Journalistin Olga Schwed. Deshalb genieße Lukaschenko bei den Menschen weiterhin Unterstützung. Das Blutvergießen in der Ukraine sei für die Weißrussen ein mehr als abschreckendes Beispiel.