Soma: Suche nach Schuldigen

Die Eingänge zum türkischen Kohlebergwerk Soma, wo letzte Woche 301 Bergarrbeiter umgekommen sind, wurden gestern zugemauert. Gleichzeitig wurden 25 führende Manager des Bergbauunternehmens festgenommen. Gegen einige von ihnen wird jetzt ein Strafverfahren eingeleitet - wegen fahrlässiger Tötung. Doch die Ursachen für die Katastrophe liegen um einiges tiefer.

Morgenjournal, 19.5.2014

Aus Soma

Viele Dörfer leben vom Bergbau

Der Westen der Türkei gilt im Vergleich zum tiefen Anatolien reich, aber wenn man von den großen Straßen abbiegt und durch die Dörfer fährt, sieht man bittere Armut. Aus solchen Dörfern stammen viele der Bergarbeiter, die im Grubenunglück von Soma umgekommen sind. Ganze Familien leben hier vom Bergbau.

"Da mein Bruder nicht wie andere aus dem Schacht herausgekommen ist, habe ich meine Schutzkleidung angezogen und bin hinuntergegangen. Da habe ich gesehen, dass die Förderbänder volelr Leichen waren, und unter diesen Leichen habe ich dann meinen Bruder gesehen", erzählt Hussein. Jetzt muss er sich um die Eltern kümmern, und um die Familie seines Bruders: "Er hat vier Söhne, ich weiß, die sind jetzt auf meinen Schultern. Ich bin jetzt derjenige, der auf sie schauen muss, aber ich habe auch selber zwei Kinder."

Immer größerer Druck auf Bergarbeiter

Unter diesen Umständen ist ein Leben ohne das Kohlebergwerk gar nicht möglich, auch wenn Hussein sich sehr überwinden wird müssen, dort wieder hinunterzugehen. Auf die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften können Leute, die so abhängig sind wie er, nicht pochen. Dafür wäre die Gewerkschaft zuständig, doch der Chef der Bergarbeiter-Gewerkschaft gibt selbst zu, dass er nicht viel ausrichten kann, um bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen: "Vor dem Militärputsch von 1980 waren die Arbeiter in der Türkei stark, aber man hat uns ideologisch gegeneinander ausgespielt. Dann kam der Putsch und die Gewerkschaften wurden zerschlagen. Davon haben wir uns nie erholt."

Die Bergarbeiter-Gewerkschaft gilt als regierungsnahe. Kampfmaßnahmen sind von ihr nicht zu erwarten, auch nicht gegen die privaten Bergwerksbetreiber. Denn die helfen wiederum, die Regierungspartei zu finanzieren. So wurde der Druck auf die Bergleute in den letzten Jahren ständig verstärkt, während bei Schutzmasken und anderen Sicherheitsmaßnahmen gespart wurde, wie erfahrene Bergleute erzählen.

25 Manager festgenommen

Solche Aussagen wurden im türkischen Fernsehen gebracht, ebenso wie die Tränen des türkischen Energieministers Yildiz beim Treffen mit der Familie eines Verunglückten. Als eigentliche Sensation wird aber die Festnahme von 25 Manager des Bergbauunternehmens gebracht. Die Frage nach der mangelnden Kontrolle durch die Regierung scheint damit voerst vom Tisch.