Ukraine vor Wahl: Chaos im Osten

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine hat die Armee ihre schwersten Verluste seit Beginn der mehrwöchigen Militäroffensive gegen prorussische Separatisten erlitten. Offiziellen Angaben zufolge wurden am Donnerstag mindestens 17 Regierungssoldaten bei zwei Angriffen im Osten des Landes getötet. Ministerpräsident Jazenjuk verlangte eine Krisensitzung des UNO-Sicherheitsrats.

Mittagsjournal, 23.5.2014

Gefechte verschärft

Bei neuen Gefechten in der Ostukraine sind am Freitag in der Früh mindestens fünf Menschen getötet worden. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP sah nahe des Dorfes Karliwka nordwestlich der Regionalhauptstadt Donezk fünf Leichen. Bei vier Opfern handle es sich offenbar um Kämpfer aus den Reihen prorussischer Separatisten.

Allein bei einem Granaten- und Mörserangriff nahe der Donbass-Stadt Wolnowacha wurden 16 Soldaten getötet, wie das Gesundheitsministerium erklärte. Nach mehreren Tagen relativer Ruhe hatten die Separatisten dort in der Nacht offenbar gezielte und massive Angriffe gegen die Streitkräfte geführt, um ihre Hochburgen zu verteidigen. Bei einer Rebellenattacke auf einen Militärkonvoi vor der Stadt Rubischne in der Region Lugansk wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein weiterer Soldat getötet. Ebenfalls in Lugansk besetzten bewaffnete Milizen vier Kohle-Bergwerke, wie das Energieministerium mitteilte. Die prorussischen Angreifer verlangten demnach die Herausgabe von Sprengstoff.

Kiew ringt um Kontrolle

Russland zweifelt die Legitimität der ukrainischen Präsidentschaftswahlen und des noch zu kürenden Siegers offen an. Schließlich gebe es mit - dem im April gestürzten Staatschef - Viktor Janukowitsch einen "lebenden und rechtmäßigen Staatschef", sagte Außenministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch in Moskau. Anders als die prorussischen Gruppen in Lugansk und Donezk will Moskau die Abstimmung in den von Rebellen kontrollierten Gebieten im Osten der Ukraine nach eigener Darstellung nicht verhindern. Kiew wiederum will bis zum Sonntag so viele Gebiete wie möglich wieder unter seine Kontrolle bringen. Zur Absicherung der Wahl - von der sich Kiew und der Westen einen bedeutenden Schritt zur Überwindung der Krise erhoffen - werden 55.000 Polizisten und 20.000 Freiwillige mobilisiert.

Poroschenko will Stichwahl vermeiden

Bei der Wahl am Sonntag gilt der schwerreiche Unternehmer Petro Poroschenko als haushoher Favorit. Poroschenko, will als eine seiner ersten Amtshandlungen das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen. Poroschenko wird bei der Präsidentenwahl am Sonntag ein haushoher Sieg gegen seine Konkurrenten, darunter die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, vorausgesagt. Jüngsten Umfragen zufolge dürfte er im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit aber verpassen. Somit müsste er am 15. Juni bei einer Stichwahl antreten. Der als Süßwarenproduzent zu Reichtum gelangte "Schokoladenkönig" drängt auf eine Entscheidung bereits im ersten Wahlgang. "Lasst uns realistisch sein: Wenn die Wahl nicht in der ersten Runde vorbei ist, könnte die zweite vielleicht überhaupt nicht stattfinden", sagte er bei einem Auftritt in der Schwarzmeer-Stadt Odessa mit Blick auf die instabile Lage im Land. (Text: APA, Red.)