Deutschland: Kein Verfahren wegen US-Spionage

Massive Spionage auf deutschem Boden wurde in letzter Zeit amerikanischen und britischen Geheimdiensten vorgeworfen. Über ihr Vorgehen wusste der Geheimdienstaussteiger Edward Snowden einiges zu berichten, der Verdacht krimineller Handlungen steht auch für deutsche Behörden im Raum. Aber ein formelles Ermittlungsverfahren dürfte es jetzt doch nicht geben.

Mittagsjournal, 28.5.2014

Aus Berlin

Belastbare Unterlagen sollen fehlen

Das Thema war der große Aufreger im letzten Sommer und Herbst. Nach und nach kamen immer konkretere Enthüllungen, bis hin zur Nachricht, dass die US- Geheimdienste selbst das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hatten. Da platzte auch der Kanzlerin öffentlich mehrmals der Kragen, etwa im Deutschen Bundestag: "Kann es also richtig sein, dass unsere engsten Partner wie die USA oder Großbritannien sich Zugang zu allen erdenkbaren Daten verschaffen, mit der Begründung, dies diene der eigenen Sicherheit und jener der Partner? Unsere Antwort kann nur lauten: Nein, das kann nicht richtig sein."

Bei der Aufarbeitung der Affäre war der Elan aber schon nicht mehr so groß. Jetzt wurde bekannt, dass es kein die juristisches Nachspiel gegen Verdächtige in der Spionageaffäre geben dürfte. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung, des Norddeutschen und des Westdeutschen Rundfunks ist der deutsche Generalbundesanwalt Harald Range zu dem Entschluss gekommen, kein Ermittlungsverfahren gegen die Chefs ausländischer Geheimdienste einleiten zu wollen. Zur Begründung soll Range argumentieren, es gebe keine Möglichkeit, an belastbare Unterlagen über die Spionageaktivitäten amerikanischer und US- amerikanischer Dienste heranzukommen. Damit müssen die Chefs der NSA und des britischen GCHQ nicht mehr befürchten, von deutschen Staatsanwälten vorgeladen zu werden.

Edward Snowden will in Berlin aussagen

Die wichtigste Schlüsselperson in der Affäre, der Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden, hat unterdessen verlauten lassen, dass er über Spezialwissen verfügt, das direkt mit Deutschland zu tun hat. Gerne, so sagte er in einem Interview mit dem "stern", würde er vor dem Bundestags-Untersuchungsausschuss in Berlin zu aussagen. Aber ob es zu einer solchen Aussage kommt, ist fraglich, denn er Ausschuss will zwar mit ihm reden, aber die Regierung will nicht, dass eine solche Befragung auf Berliner Boden stattfindet. Sie scheut gleich zwei heikle Fragen, die eine, ob man Snowden nötigenfalls Asyl gewähren müsste, die andere, ob man ihm gar im Auftrag der Amerikaner verhaften müsste. Eine Befragung per Videoschaltung auf russischem Boden lehnen wiederum Snowdens Rechtsvertreter ab.

Die Scheu davor, allzu tief zu graben in der Affäre, dürfte damit zusammenhängen, dass auch der deutsche Geheimdienst mit seiner Arbeit nicht über jeden Verdacht erhaben ist. Heute beginnt ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, in dem es darum geht, ob der deutsche Bundesnachrichtendienst den E-Mail-Verkehr mit dem Ausland nach verdächtigen Stichworten filtern darf. "Strategische Fernmeldeüberwachung" nennt sich das vornehmen verbrämt. Unzulässige Schnüffelei nennt es ein Anwalt, der dagegen geklagt hat, weil er um die um die Vertraulichkeit seiner Kommunikation mit ausländischen Klienten fürchtet.