Israel: Kein Sieger nach erstem Wahlgang

Das israelische Parlament, die Knesset, wählt in diesen Stunden einen neuen Staatspräsidenten. Der derzeitige Präsident Shimon Peres legt sein Amt Ende Juli nach sieben Jahren nieder. Der erste Wahlgang ist vor kurzem ohne Stimmenmehrheit für einen Kandidaten zu Ende gegangen, jetzt wird es eine Stichwahl geben.

Mittagsjournal, 10.6.2014

Aus Israel

Kein weibliches Staatsoberhaupt

Wie erwartet, hat keiner der Kandidaten schon im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der Stimmen bekommen, daher ist eine Stichwahl notwendig. Aufgestiegen ist, ebenfalls wie erwartet, der Kandidat der regierenden konservativen Likud-Partei, Reuven Rivlin. Überraschend mit im Rennen ist ein Mann, der die längste Zeit als Außenseiter galt: der liberale Abgeordnete Meir Sheetrit. Fest steht damit, dass Israel wieder kein weibliches Staatsoberhaupt bekommt – man hatte ja in den letzten Tagen noch damit gerechnet, dass eine der Kandidatinnen in die zweite Runde kommen würde. Ausgeschieden ist auch der Chemie-Nobelpreisträger Dan Schechtman, der als politischer Quereinsteiger Präsident werden wollte.

Das Staatsoberhaupt wird in Israel nicht direkt vom Volk gewählt, sondern durch die 120 Abgeordneten des Parlaments. Deshalb ist die Wahl sowohl im Vorfeld als auch am Tag der Abstimmung von parteipolitischen Manövern geprägt.

Bei Stichwahl jeder Ausgang möglich

Im ersten Durchgang hat Rivlin 44 Stimmen bekommen und Sheetrit 31. Der Abstand ist so gering, dass jeder Ausgang möglich scheint, zumal die Fronten quer durch die Parteien gehen. Der 74-jährige frühere Parlamentspräsident Rivlin ist zwar ein altgedientes Likud-Schlachthaus, doch er ist mit seinem eigenen Parteichef und Premier Benjamin Netanjahu verfeindet. Der 65-jährige Sheetrit hat zwar auch Wurzeln im Likud, war aber immer eigenwillig. Jetzt ist gehört er der Partei "Die Bewegung" an, die von der israelischen Justizministerin geleitet wird und für Konzessionen an die Palästinenser eintritt.

Wie in Österreich hat auch in Israel der Präsident keinen Einfluss in das tägliche politische Geschäft: Er vergibt nach Wahlen den Auftrag zur Regierungsbildung und kann Sträflinge begnadigen, ansonsten hat er nur repräsentative Aufgaben. Er soll aber zugleich eine unumstrittene moralische Autorität darstellen. Ziemlich klar ist, dass eine Mehrheit der Israelis am liebsten den jetzigen Präsidenten behalten würde, aber in dieser Funktion ist in Israel nur eine Amtszeit möglich und außerdem ist Shimon Peres schon fast 91 Jahre alt. Er wird im Juli nach sieben Jahren Amtszeit die Präsidentenkanzlei verlassen.

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