Amtsgeheimnis: Kritik an neuem Gesetz
Noch im Sommer soll die Regierung die Streichung des Amtsgeheimnisses aus der Verfassung beschließen. Es wird auch schon an Ausnahmeregeln gearbeitet, wo SPÖ und ÖVP sich weiterhin Geheimhaltung wünschen. Das sorgt nicht nur im Inland für Aufregung, auch aus dem Ausland kommt heftige Kritik.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.6.2014
Amtsgeheimnis in der Verfassung weltweit einmalig
Es sei höchste Zeit, dass Österreich seine Verfassung ändere, sagte Helen Darbishire, Direktorin von Access-Info Europe. Die spanisch-britische Organisation setzt sich für die Rechte der Bürger und Steuerzahler auf Informationen vom Staat ein. "Österreich ist, so viel ich weiß, das einzige Land der Welt, wo das Amtsgeheimnis in der Verfassung steht", betonte Darbishire.
Deshalb liegt die österreichische Gesetzgebung in einem Ranking von Access Info Europe an letzter Stelle unter 98 Staaten. Dass nun ein Recht auf Information in der Verfassung kommen soll, sieht Darbishire als Schritt in die richtige Richtung, sie hat aber Bedenken. Etwa, weil Ausnahmen durch Bundes- oder Landesgesetze vorgesehen sind. "Wenn Sie ein zentrales Recht auf Information in der Verfassung haben, muss das doch über den anderen Gesetzen stehen", so Darbishire. Die Idee, dass andere Gesetze das Recht auf Information einschränken können, sei nicht akzeptabel.
Expertin gegen pauschale Ausnahmeregelungen
Die Expertin ist auch gegen pauschale Ausnahmeregelungen: "Wenn wir die Hygienekontrollen in Restaurants nehmen, dann sollte diese Woche die Liste der Restaurants, die kontrolliert werden, geheim sein - diese Woche. Aber nächste Woche - da habe ich als Bürger das Recht zu wissen, welche Restaurants kontrolliert wurden", beschreibt Darbishire das Problem.
Es müsse also Flexibilität geben - bei der Einstufung, was wann geheim ist und auch unter welchen Umständen.
Darbishire fehlt da im Entwurf zur Verfassungsänderung die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und einem Geheimhaltungsgrund. "Angenommen, ich verweigere Ihnen eine Information, dann muss ich das begründen: Würde das wirklich eine wirtschaftspolitische Entscheidung gefährden oder internationale Beziehungen belasten?", fragt sie. Selbst wenn, gebe es vielleicht ein größeres öffentliches Interesse an der Veröffentlichung, etwa daran, wie viel Geld eine Firma vom Staat bekommt. "Oft müsste die Entscheidung lauten: Ja, das Interesse an der Veröffentlichung überwiegt", so Darbishire.
"Österreich soll sich an UNO orientieren"
Besorgniserregend findet Darbishire auch Vorschläge, wonach es bei nicht öffentlichen Parlamentssitzungen ein Twitter-Verbot geben soll und die vier Geheimhaltungsstufen für Dokumente.
"Offenbar gibt es da auch noch die Vorstellung von generellen Beschränkungen, was veröffentlicht werden darf und was nicht - und sogar strafrechtliche Sanktionen für Veröffentlichungen", stellt sie fest. Das entspreche nicht dem, was der Menschenrechtsgerichtshof sagt. Nämlich, dass alles öffentlich sein soll und es Ausnahmen nur in ganz bestimmten Fällen gibt.
Der Appell der Informationsfreiheitsexpertin und Aktivistin: Österreich soll sich an anderen Staaten und den Vorgaben von Europarat und UNO orientieren, um vom letzten Platz im Informationsfreiheits-Ranking vorzurücken auf einen der ersten Plätze.