WIFO: Steuerreform gegen Einkommensschere

Die Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat die Ärmsten viel stärker getroffen als die Reichen. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD). Und erstmals sind die jungen Menschen am meisten von Armut gefährdet. Österreich schneidet zwar relativ gut ab. WIFO-Chef Karl Aiginger, mahnt trotzdem zu einer Steuerreform mit niedrigeren Abgaben für das untere Drittel.

Mittagsjournal, 20.6.2014

Schlechte Ausbildung führt in Armut

Den Vergleich oberstes Zehntel und unterstes Zehntel illustriert eine Zahl: 9,6. Das oberste Zehntel hat nämlich 9,6 Mal so viel Einkommen zur Verfügung. Vor der Krise war es das 9,3-Fache.

Und dort, wo die Krise besonders massiv war, hat es die Armen besonders getroffen. In Griechenland und Spanien sind die Einkommen um fast 13 Prozent niedriger als vor der Krise - und zwar bei denen, die ohnehin vergleichsweise wenig Geld zur Verfügung haben. Und hier sind noch dazu die Sozialleistungen stärker gekürzt worden als anderswo. Das ist mit ein Grund, warum erstmals die Jungen definitiv das größte Armutsrisiko tragen, und nicht mehr die Älteren.

In Österreich haben das unterste Zehntel durch die Krise 0,8 Prozent weniger Geld zur Verfügung, das oberste Zehntel hingegen eineinhalb Prozent mehr. WIFO-Chef Karl Aiginger: im Prinzip sei die Schere in Österreich geringer als anderswo, aber es sei ein steigendes Problem.

Für ihn ist das ein weiteres Zeichen dafür, dass eine Steuerreform dringend notwendig ist, besonders für das untere Drittel müssten die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnnebenkosten gesenkt werden, denn gerade sie zahlen keine Einkommens- oder Lohnsteuer.

Die Armutsgefährdung ist auch in Österreich durch die Krise gestiegen. Fast jeder Zehnte ist gefährdet - und das sind vor allem diejenigen, die schlecht ausgebildet sind und wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Hier gehe es darum, die Ausbildung zu verbessern und etwa Schulabbruch zu verhindern.

Arbeit und Ausbildung fördern

Zur OECD gehören die 34 höchstentwickelten Länder der Welt, das Pro-Kopf-Einkommen ist generell deutlich höher als in den Schwellenländern wie China oder Indien. Aber, so Karl Aiginger, die Weltwirtschaft verschiebt sich: Allzu lange wird es nicht mehr dauern, bis die Schwellenländer die Industrieländer überholt haben. Daher sei eine gemeinsame Strategie der Industrieländer notwendig, die Qualität des Wachstums zu verschieben. Bei der Energieeffizienz etwa, bei der Innovation führend sein und bei der Ausbildung exzellent.

Arbeit oder Arbeitsplätze einsparen werde kein Wachstum bringen - und die Schere würde wohl noch weiter auseinander gehen.