China: Rauere Gangart im Streit um Inselgruppen

Im Streit zwischen China und seinen Nachbarn um mehrere Inselgruppen im ost-und südchinesischen Meer nehmen die gegenseitigen Provokationen kein Ende. China verstärkt die Militärpräsenz und will jetzt eine weitere Ölbohrinsel in die umstrittene Meeresregion bringen. Ein Vermittlungsversuch zwischen China und Vietnam ist vor wenigen Tagen gescheitert. Vietnam, die Philippinen und Japan sprechen von zunehmender chinesischer Aggression.

Mittagsjournal, 21.6.2014

Aus Peking

Außenpolitik mit Steinen, Sand und Zement

Ein Schiff der chinesischen Küstenwache rammt ein vietnamesisches Boot auf offenem Meer in voller Absicht und versucht, es abzudrängen. Westliche Reporter werden Augenzeugen. China ist nicht zimperlich wenn es um seine Gebietsansprüche geht und setzt auf das Recht des Stärkeren. Man beansprucht fast das gesamte südchinesische Meer. Das sind rund drei Millionen Quadratkilometer: hunderte Sandbänke, Atolle und Inseln, die mitunter mehr als eintausend Kilometer vom chinesischen Festland entfernt liegen. Direkt vor den Küsten Vietnams oder der Philippinen. Hier, wie auch im ostchinesischen Meer gegenüber Japan, rechtfertigt China seine Gebietsansprüche mit vagen historischen Argumenten.

"Der Aufbau unserer Stadt ist strategisch wichtig und verteidigt die Interessen unserer Nation", sagt Xiao Jie, der Bürgermeister von Sansha, der jüngsten Stadt Chinas. Die liegt auf einer 13 Quadratkilometer großen Insel weit vom chinesischen Festland entfernt und wird auch von Vietnam beansprucht. Hunderte Kilometer weiter südlich schütten chinesische Schiffe eine künstliche Insel auf, um dort eine Landebahn zu errichten, wohl für einen Armeestützpunkt sagt das philippinische Militär. Mit Steinen, Sand und Zement wird Außenpolitik gemacht.

Überzogene Gebietsansprüche

Mit vollendeten Tatsachen untermauert Peking seine Gebietsansprüche, die überzogen sind, sagt der in den USA ausgebildete chinesische Politologe Xie Tao. "Natürlich kann die chinesische Regierung weiter hart und kompromisslos gegenüber den Nachbarn vorgehen. Aber um die Gebietsansprüchen wirklich zu untermauern, muss China bereit sein, seinen Nachbarn richtig zu drohen und kann auch einen Krieg nicht ausschließen." Allerdings hätten sowohl die Philippinen als auch die Japaner einen militärischen Beistandspakt mit den USA. Deshalb sei ein Krieg unwahrscheinlich und werd China letztlich doch seine Ansprüche modifizieren müssen, so Xie Tao.

Doch danach sieht es derzeit nicht aus. Als die Chinesen jüngst ihre modernste Ölplattform vor der Küste Vietnams in Stellung brachten, platzte den Vietnamesen der Kragen: Es kam zu Massendemonstrationen und Plünderungen, die sich gegen chinesische Firmen richteten. Trotzdem will China jetzt eine zweite Ölplattform in die umstrittene Region bringen. Es geht um Öl-und Gasvorkommen, um reiche Fischgründe, um einige der wichtigsten Seerouten der Welt. Ein Drittel des weltweiten Rohölhandels, die Hälfte der Flüssiggastransporte läuft durch diese Meeresregion.

Neue Spielregeln im Westpazifik

China will offenbar die Spielregeln im Westpazifik ändern und die militärische Vormachtstellung der USA in der Region nicht mehr ohne Weiteres hinnehmen. Doch scheinen die Architekten der chinesischen Außenpolitik derzeit eines zu übersehen: Je aggressiver das Auftreten gegenüber den Nachbarn ist, umso mehr werden diese ins Lager der Amerikaner getrieben. Und das ist genau das, was China eigentlich nicht will.