EU-Selbstkritik nach Juncker-Bestellung
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben gestern Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionspräsident nominiert, allerdings nicht einstimmig und nru nach langem Gezerre. Damit steht das Verfahren zur Bestellung des Kommissionspräsidenten schon nach der ersten Anwendung auf dem Prüfstand.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 28.6.2014
Keine Feierstimmung
Katerstimmung am Tag nach der Nominierung des ersten vom Wähler mitbestimmten EU-Kommissionspräsidenten. Zum ersten Mal haben die EU-28 nicht einstimmig ihren Kandidaten für dieses Amt ernannt. Großbritannien und Ungarn - entschiedene Gegner Jean-Claude Junckers - wurden überstimmt. Verlierer Cameron kritisiert, dass durch das neue Prozedere die EU-Staats- und Regierungschefs Macht an das EU-Parlament verlieren.
So allein steht David Cameron mit seiner Kritik nicht, darauf weist schon allein hin, dass Jean-Claude Juncker nicht beim EU-Gipfel präsentiert wurde, auch öffentliche Gratulationen waren rat. Laut Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) war keiner der EU-Staats- und Regierungschefs zu Beginn begeistert von diesem neuen, rechtlich nicht 100 Prozent eindeutigen Verfahren, wonach der EU-Kommissionspräsident unter Berücksichtigung des Europawahlergebnisses ernannt werden muss.
Trostpflaster für Cameron
Durch die Nominierung Jean-Claude Junckers wurde Cameron ausgebremst und isoliert. Dennoch soll dem Verlierer dieses EU-Gipfels entgegengekommen werden. Vor allem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die ja ebenso von der Dynamik des Europawahlkampfes eingeholt wurde, versucht das Verhältnis der EU zu Großbritannien zu kitten: Man habe in den Schlussfolgerungen Dinge aufgenommen, die gerade David Cameron wichtig waren. Und wenn die gesamte Kommission gewählt ist, werde man den Prozess der Bestellung im Rat diskutieren - "damit kein Missverständnis auftritt, haben wir hinzugefügt: unter Berücksichtigung der Verträge."
Ein weiteres politisches Trostpflaster ist, dass die künftigen Topposten nicht gegen den Widerstand eines Landes besetzt werden sollen. Dazu gehört die Nachfolge der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und des EU-Ratspräsidenten Van Rompuy - beide sollen vom Gipfel einstimmig benannt werden. Der erstmögliche Termin ist in 3 Wochen bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel.
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- EU-Wahl 2014