Anklage gegen ÖBB-Präsident Pöchhacker?
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhebt offenbar Anklage wegen des Vorwurfs der Untreue gegen ehemalige ÖBB-Verantwortliche und gegen den amtierenden ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker. Offiziell bestätigt ist es zwar noch nicht, aber sogar Pöchhackers Anwälte gehen von einer Anklage aus. Im Ermittlungsverfahren ging es um einen ungarischen Lobbyisten und um mögliche Schmiergeldzahlungen beim Kauf der ungarischen Güterbahn MAV Cargo.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 3.7.2014
Verdacht der Untreue
Es geht um 6,6 Millionen Euro, die die ÖBB an einen ungarischen Lobbyisten gezahlt haben. Er ist untergetaucht und konnte von der Staatsanwaltschaft nicht befragt werden. Über ihn - so der Verdacht im Ermittlungsverfahren - könnten Zahlungen an Politiker oder Parteien in Ungarn geflossen sein. In einem Bericht der Grünen - nach parlamentarischen Untersuchungen - war auch von möglichen Kick-Back-Zahlungen an eine österreichische Partei die Rede.
Laut der Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde zuletzt gegen fünf Personen wegen Verdachts der Untreue ermittelt - darunter der ehemalige SPÖ-nahen Vorstandsdirektor der ÖBB-Rail-Cargo, Gustav Poschalko, ein Ex-ÖBB-Prokurist und der SPÖ-nahe amtierende ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker.
Anlass Lobbying-Vertrag?
Über eine mögliche Anklage, über die der "Standard" berichtet hat, darf die Staatsanwaltschaft erst Auskunft geben, wenn die Anklage den Beschuldigten zugestellt ist, das ist derzeit nicht der Fall. Aber Martin Nemec, der gemeinsam mit Norbert Wess den ÖBB-Aufsichtsratschef Horst Pöchhacker vertritt, vermutet eine baldige Anklage, weil soeben nur ein Teil der Ermittlungen offiziell eingestellt wurde: "Da muss man befürchten, dass hinsichtlich des Restes wohl eine Anklage ins Haus stehen könnte."
Eingestellt ist der Verdacht, dass beim Kauf der ungarischen Güterbahn MAV Cargo selbst etwas schief gelaufen sein könnte. Die Anklage soll sich eben auf den Lobbying-Vertrag beziehen, möglicherweise ist manches gelaufen, ohne dass wie vorgesehen der gesamte Aufsichtsrat informiert wurde.
Eine Anklage würde bedeuten, dass die Justiz eine Verurteilungswahrscheinlichkeit von über 50 Prozent sieht. Horst Pöchhacker sagt aber gegenüber Ö1, er wisse nichts von einer Anklage, er spricht er von einer Kampagne gegen ihn und deutet an, dass einige Vorwürfe vom ehemaligen ÖVP-nahen ÖBB-Chef Martin Huber ausgegangen seien. Und Anwalt Nemec sagt: "Mein Mandant ist davon überzeugt, dass letztlich seine Unschuld erwiesen werden wird." Zahlungen an Politiker in Ungarn oder Österreich könne er nach allen ihm vorliegenden Informationen ausschließen.
Bures verteidigt Pöchhacker
Im Jahr 2007 hat Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann Pöchhacker als damaliger Verkehrsminister zum ÖBB-Aufsichtsratschef gemacht. Pöchhacker hat auch ein Büro direkt im Verkehrsministerium. Ermittelt wird gegen ihn seit Jahren auch im BUWOG-Verfahren, es geht um möglicherweise illegale Zahlungen rund um den Linzer Terminal Tower. Auch diese Vorwürfe werden zurückgewiesen. Und Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) denkt offensichtlich nicht an eine Abberufung des 75-Jährigen Pöchhacker. "Wir leben in einem Rechtsstaat und da gilt die Unschuldsvermutung. Ich arbeite seit fünfeinhalb Jahren mit Horst Pöchhacker zusammen. Er ist einer jener, der dafür gesorgt hat, dass die Bahn aus der Krise gekommen ist. An dem messe ich ihn im Aufsichtsrat, er ist ein strenger Kontrollor, professionell, ein Experte, und meinem Eindruck nach persönlich integer."
Der Anwalt des Ex-Rail-Cargo-Vorstands Gustav Poschalko, Rüdiger Schender, meint, für ihn wäre eine Anklage aufgrund der Aktenlage nicht nachvollziehbar.