Einigung: U-Ausschuss als Minderheitsrecht
Nach Jahrzehnten erfolgloser Anläufe und jahrelanger Debatten ist es seit gestern Abend so weit: Die Reform der Untersuchungssausschüsse ist politisch paktiert worden, künftig kann also auch eine Minderheit eine U-Ausschuss einsetzen. Bis November müssen die gestern festgelegten Eckpunkte noch in Gesetzesform gegossen und dann im Parlament beschlossen werden.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.7.2014
Wichtigster Punkt von allen: Künftig kann schon ein Viertel der Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss einberufen, die Regierungsparteien können einen solchen also nicht mehr verhindern und abgedreht werden kann ein U-Ausschuss von der Parlamentsmehrheit auch nicht mehr. Aber das sind nicht die einzigen Neuerungen.
Die Einsetzung
183 Nationalratsabgeordnete gibt es, künftig reichen also 46 davon um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. An den Freiheitlichen führt für die Opposition im Moment damit kein Weg vorbei - Grüne, Team Stronach und Neos haben gemeinsam nämlich weniger als ein Viertel der Abgeordneten. Und für die Einsetzung gilt auch: Jeder Abgeordnete darf seine Stimme nur für einen laufenden Untersuchungsausschuss einsetzen. Daraus ergibt sich, dass es maximal drei Minderheits-U-Ausschüsse gleichzeitig geben kann.
Die Dauer
U-Ausschüsse sind zeitlich auf 12 Monate begrenzt, sie können aber verlängert werden, auf maximal 18 Monate. Für die Erstellung des Endberichts sind im Anschluss zwei Monate vorgesehen. Und in Wahlkampfzeiten gibt es keinen U-Ausschuss, dieser muss nämlich spätestens vier Monate vor der nächsten Nationalratswahl beendet werden.
Der Vorsitz
Den Vorsitz führen künftig die Nationalratspräsidenten abwechselnd, sie können sich aber auch von Abgeordneten vertreten lassen. Ihnen zur Seite gestellt wird ein sogenannter Verfahrensrichter, also ein Richter, der künftig die Erstbefragung der Zeugen durchführt, bei allen Sitzungen anwesend ist und den Endbericht mitschreibt.
Zeugenladung und Aktenbeschaffung
Auch während eines U-Ausschusses gilt das Minderheitsrecht, Zeugen können also von einem Viertel der Abgeordneten geladen werden, jede Person aber höchsten zwei Mal, die Mehrheit kann Zeugen so oft laden wie sie will. Und auch für das Anfordern von Akten reicht ein Minderheitsbeschluss. Ist die Mehrheit mit einer Zeugenladung oder Aktenanforderung nicht einverstanden, kann sie den Verfassungsgerichtshof anrufen.
Die Streitbelegung
Bei Streitigkeiten entscheidet grundsätzlich eben der Verfassunggerichtshof und zwar in einem Eilverfahren, innerhalb von vier Wochen. Auch parlamentsintern gibt es aber eine Schiedsstelle, die aus den Volksanwälten besteht. Diese werden bei Unstimmigkeiten über die Zulässigkeit von Fragen angerufen.
Die Immunität
Beim U-Ausschuss gibt es neben offen zugänglichen Informationen künftig auch vier Vertraulichkeitsstufen: von eingeschränkt bis streng geheim. Abgeordnete die hier bewussten Geheimnisverrat begehen, verlieren ihre Immunität, das gilt auch bei Verleumdung.