Mautpläne: Berlin trotzt der Expertenkritik

Die deutschen Mautpläne werden auch von einer deutschen Stelle kritisiert, an deren Neutralität und Fachkompentenz niemand zweifelt: vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages. Die Experten halten die Mautpläne für EU-rechtswidrig, weil sie ausländische Autofahrer gegenüber Deutschen diskriminieren. Trotzdem hält die Regierung in Berlin an den Mautplänen fest

Mittagsjournal, 4.8.2014

Heftige Reaktionen

Es ist ungewöhnlich, dass ein Ministerium mit dem wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestages öffentlich streitet. Die Experten des Parlaments, wo ja die neue deutsche Straßenmaut überhaupt erst beschlossen werden muss, halten die Mautpläne für diskriminierend gegenüber Ausländern, weil für Deutsche die Mautkosten durch eine Senkung der KFZ-Steuer kompensiert werden, während Ausländer voll zahlen sollen.

Außerdem gibt es auch Kritik an der Staffelung der Mautpreise. Die Reaktion aus dem Verkehrsministerium war schnell und heftig: Das Gutachten sei fehlerhaft - der Gesetzesentwurf werde eindeutig europarechtskonform ausgestaltet werden.

Brisante Materie

Das Thema ist deshalb so heikel, weil es sehr schnell zu einem schweren Koalitionskrach führen kann. In Berlin gibt es nur wenige Freunde der Maut - aber sie steht im Koalitionsvertrag, auf Drängen der bayrischen CSU, die mehrfach klargemacht hat, dass sie bei der Maut absolute Koalitionstreue erwarte - von den Sozialdemokraten und erst Recht von der Schwesterpartei CDU. Deren Generalsekretär Peter Tauber hat dann heute im deutschen Frühstücksfernsehen versucht, so zu tun, als gäbe es kein Problem: Die Maut werde es geben, Politiker seien dazu da, Lösungen zu suchen. Peter Tauber ist Angela Merkels wichtigster Parteimanager.

Intern hat die Kanzlerin signalisiert, dass auch sie eine europarechtskonforme Lösung bei der Maut für möglich hält. Trotzdem gibt es einige CDU-Politiker, wie den Europaabgeordneten Markus Pieper, die versuchen, das Streitthema auf die nächste Ebene zu heben und sich statt der umstrittenen deutschen Straßenmaut für Ausländer eine europäische Lösung wünschen. "Bei der man sich vorstellen könnte, dass das Geld in einen Topf geht und dann damit internationale Autobahnen gebaut werden. Dann wäre Deutschland als größtes Transitland Europa Profiteur."

Doch darauf wird sich die bayrischen CSU nicht einlassen. Ihr Verkehrsminister Alexander Dobrindt will den Gesetzesentwurf, von dem alles abhängt, im Herbst vorgelegen. Und spätestens dann geht der Streit in die nächste Runde.