Unkenntnis über Ebola fördert Ausbreitung
Michael Kühnel, Arzt des Roten Kreuzes, ist vier Wochen lang mit dem Roten Kreuz in Sierra Leone gewesen und berichtet von dem Kampf gegen die Seuche.
8. April 2017, 21:58
Frühjournal, 6.8.2014
Michael Kühnel im Gespräch mit Cornelia Vospernik.
Wissen um Ansteckung wesentlich
Einer der Hauptfaktoren, der die rasante Ausbreitung von Ebola begünstige, sei die Unkenntnis der Krankheit, berichtet Michael Kühnel im Ö1- Morgenjournal. Insbesondere im ostafrikanischen Raum sei das Unwissen über die Krankheit, wo Ebola relativ neu ist, besonders groß.
Zwei weitere Faktoren, durch die sich Ebola sehr schnell verbreitet, seien die Essgewohnheiten und Begräbnisrituale der afrikanischen Bevölkerung. So ist etwa der Verzehr von sogenanntem Bushmeat, also Fleisch von Flughunden und Affen, besonders gefährlich. Die Tiere wären zwar Träger der Viren, würden aber selbst nicht daran erkranken.
Zudem breite sich Ebola durch den Mangel an ausreichend medizinischer Ausrüstung, nicht entsprechend geschultes Personal und mangelnde sanitäre Bedingungen vor Ort rasch aus.
Da Ebola hoch ansteckend ist und zwei Helfer bereits erkrankt sind, gelten für die Mitarbeiter des Roten Kreuzes, insbesondere bei Annäherung an erkrankte Patienten, spezielle Schutzmaßnahmen. Bei Krankentransporten etwa, wo die Ansteckungsgefahr durch den körperlichen Kontakt besonders hoch ist, werden Erkrankte nur mit einem Vollkörperschutzanzug mit Handschuhen, Augenschutz und Atemschutzmaske angefasst.
Symptome oft nicht erkannt
Da die Seuche nunmehr auch Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas erreicht hat, ist es besonders wichtig, die ersten dort auftretenden Fälle rechtzeitig zu isolieren. Sollte diese gelingen, so stünden die Chancen relativ gut, einer Ausbreitung entgegenzuwirken, schätzt der Rot-Kreuz-Mitarbeiter die Situation ein. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Einhaltung von Hygiene, da Ebola vor allem durch Körperflüssigkeiten wie Durchfall oder Erbrochenes übertragen wird. Werden diese nicht sofort entfernt und gereinigt, vergrößere sich die Ansteckungsgefahr.
Ebola äußere sich in sehr ähnlichen Symptomen wie Malaria, erklärt Kühnel. In bestimmten Jahreszeiten wie der jetzigen sei Malaria in Afrika keine Seltenheit. Hohes Fieber, Durchfall, Erbrechen und Ausschlag ließen viele Menschen in dem Glauben, sich mit Malaria angesteckt zu haben. Bis ein Arzt aufgesucht wird und dieser Ebola feststellt, haben sich zumeist schon andere Menschen damit angesteckt, berichtet der Arzt.
Ebola für Pharmaindustrie uninteressant
Auf die Frage hin, weshalb es selbst nach 40 Jahren der Kenntnis rund um Ebola noch keinen Impfstoff dagegen gäbe, meint Kühnel, dass Ebola zu weit von Europa entfernt ist. Dies könnte eine mögliche Interpretationsmöglichkeit sein, da Ebola hauptsächlich in Afrika angesiedelt ist. Zudem hat es bis dato noch nie eine derart große Zahl an gleichzeitigen Erkrankungen gegeben, diese beschränkten sich bisher auf eine Anzahl von 20 bis maximal 30 Fällen. In der jetzigen Situation aber könne Ebola für die Pharmaindustrie „interessanter werden“ , beurteilt der Arzt die Situation.
Gefahr für Österreich?
Anders als im Falle von Malaria existieren bei Ebola keine medizinischen Schnelltests, anhand derer die Krankheit beispielsweise auf Flughäfen sofort festgestellt werden könnte. Eine Einschleppung von Ebola nach Österreich kann nicht ausgeschlossen werden, allerdings ist dies nach Ansicht von Kühnel eher unwahrscheinlich, als dass Sierra Leone, Guinea und Liberia nicht die klassischen Urlaubsländer sind. Einer Ansteckung seien demnach in erster Linie die vor Ort anwesenden Helfer ausgesetzt.