Nordirak: Kurden vereint gegen IS

Im Nordirak schafft der Vormarsch der brutalen Gotteskrieger der IS neue Allianzen. Um ihnen Einhalt zu gebieten, haben sich die Kurden aus Syrien, Irak und der Türkei zusammengeschlossen. Gemeinsam versuchen sie, die IS aus den kurdischen Gebieten im Nordirak zurückzuschlagen. Am Wochenende hatten die sunnitischen Dschihadisten Städte im Gebiet der syrischen Grenze überrannt und den Kurden den Krieg erklärt.

Mittagsjournal, 7.8.2014

Hunderttausende auf der Flucht

Tausende Familien der kurdischen Minderheit der Jesiden haben aus Angst vor den grausamen Gotteskämpfern panisch ihre Städte verlassen. Sie sind in einer verzweifelten Situation und brauchen dringend Hilfe. In langen Kolonnen, laut UNO-Quellen 200.000 an der Zahl, sind die Jesiden vor den anrückenden, hemmungslos mordenden Gotteskriegern geflohen. Viele von ihnen waren erst im Juni aus Mossul entkommen, als die Millionenstadt in die Hände des "IS" gefallen war. Sicherheit suchen sie in der autonomen kurdische Region, wo bereits hunderttausende Zuflucht gefunden haben, neben irakischen Christen auch Flüchtlinge aus Syrien.

Zehntausende Jesiden sind in die Berge hinter Sinjar geflüchtet, um sich dort zu verstecken. Ihre Angehörigen verzweifeln indes, denn bei der 40-grädigen Hitze gebe es kein Wasser, keine Straßen und nicht einmal einen einzigen Baum, berichtet ein besorgter Angehöriger. „Ein Verwandter hat mich angerufen und gesagt, sie gehen und müssen ihre toten Kinder zurücklassen.“

Als die Kämpfer der IS am Wochenende die nordwestirakischen Städte Sinjar, Zumar und Rabiar überrannten, waren ihnen die kampferprobten kurdischen Peschmergakämpfer nicht gewachsen. Ein General einer der Brigaden erklärte einem Journalisten, sein Trupp besäße nur Kalaschikow-Gewähre, die zu wenig seien, um sich verteidigen zu können. IS-Kämpfer hingegen hätten Waffen, die die irakische Armee zurückgelassen hat.

Feinde werden zu Verbündeten

Inzwischen haben die kurdischen Kämpfer Verstärkung bekommen und schlagen, unterstützt von kurdischen Einheiten aus Syrien und Kämpfern der einst mit ihnen verfeindeten türkischen PKK, zurück. Vereint versuchen sie offenbar die IS-Djihadisten in der Region Mossul zurückzuschlagen. Wie und wo genau die Kämpfe stattfinden, ist schwer herauszufinden. Die Nachrichten sind widersprüchlich und spärlich, für Journalisten ist das Gebiet zu gefährlich.

Ein neuer Verbünderter der Kurden ist jetzt auch die irakische Armee. Als die IS im Juni den Nordirak überrannt hat, ergriffen die Armeesoldaten die Flucht. Jetzt unterstützt die Luftwaffe die Offensive der Kurden gegen die IS, und versucht ihre Kämpfer mit Bomben aus der Millionenstadt Mosul zu vertreiben.

Zugleich aber erobern die sunnitischen Extremisten neue Gebiete. Der Erzbischof von Kirkuk bittet die Weltgemeinschaft um Hilfe: Zehntausende Christen aus der südlichen Stadt Karakosch seien zwischen Mossul und Kirjkuk auf der Flucht. Zudem setzen die Gotteskrieger ihren wahnwitzigen Bildersturm fort, zerstören Kreuze in den Kirchen und verbrennen religiöse Schriften.

Trotz dessen scheint die Politik in Bagdad noch immer nicht imstande zu sein, sich auf eine neue Regierung für ihr vom Auseinanderbrechen bedrohtes Land zu einigen.