Experte: Dschihad-Tendenzen gegensteuern

"Vervielfachung" - das fällt dem Dschihadismus-Experten und Islamwissenschaftler Rüdiger Lohlker ein, wenn er über die Aktivitäten von radikalen Islamisten im Internet spricht. Lohlker forscht seit Jahren zu diesem Thema, und der Politik empfiehlt er, radikalen Entwicklungen gegenzusteuern - dafür sei es ohnehin schon spät.

Mittagsjournal, 27.8.2014

"Zur Not bis zum Tod"

Videos, Fotos, Postings - Rüdiger Lohlker vom Institut für Orientalistik analysiert Aktivitäten radikaler Islamisten im Netz. Und dass sich die Organisation Islamischer Staat (IS) bildet, habe sich schon vor zwei Jahren abgezeichnet. Die Islamisten hätten Brot verteilt, eine Stromversorgung garantiert, Waisenhäuser gebaut - kurz Strukturen geschaffen. Damit wolle IS demonstrieren, dass man in der Lage sei einen Staat zu organisieren, "deswegen muss man sich diesem Staat anschließen, und wenn man es nicht tut, ist man des Todes."

In Österreich sind es Facebook, Twitter, und Whatsapp, auf denen sich insgesamt ein paar hundert Leute darüber unterhalten, wie es denn wäre, nach Syrien zu gehen, sagt Lohlker, der auch feststellt: es ist eine männliche Subkultur - von Männern, "die ein bisschen Angst vorm Leben haben", eine zerbrechliche Identität haben und sich stärken wollen, indem sie sich in klare Strukturen einfügen und dann innere Spannungen ausleben, "zur Not bis zum Tod", so Lohlker.

Rechtzeitig handeln

Das Leben im Diesseits nicht aushalten können, sei oft die Botschaft junger Männer, stellt Lohlker fest, deshalb sei der Tod attraktiv. Dennoch seien es nicht nur die sogenannten Modernisierungsverlierer, die sich davon ansprechen lassen, es könnten auch ganz einfach persönliche Krisen dahinter stecken. Daher heiße es, rechtzeitig an Jugendliche, die gefährdet sind, heranzukommen, sagt Rüdiger Lohlker. Und auch Symbole des Dschihad zu verbieten, wie das Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will, hält er für sinnvoll. Wenig hält der Experte davon, die Organisation Islamischer Staat zu verbieten. Entweder sei etwas eine Straftat oder nicht.

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