Grenzdebatte quer durch Parteien

Die Grenzen dichtmachen: Einige Landeshauptleute fordern es und finden Verständnis bei Innenministerin und Vizekanzler. Nicht allerdings bei EU-Abgeordneten sowohl von ÖVP als auch SPÖ - sie halten nichts von einem populistischen Ruf nach neuerlichen Soldaten an der Grenze.

Morgenjournal, 18.9.2014

EU-Abgeordnete protestieren

Die Freiheitlichen fordern seit langem die Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Als dann der bayrische CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer in der Bild-Zeitung solche Überlegungen gefordert hat, wollten auch ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) Grenzkontrollen nicht ausschließen. Es folgten Forderungen der Landeshauptleute Hans Niessl, SPÖ, Josef Pühringer und Erwin Pröll, ÖVP. Pröll überlegt sogar, das Bundesheer an den Grenzen aufzustellen.

Ziel solcher Forderungen sei wohl der Applaus der Boulevardmedien, sagt der ÖVP-EU-Abgeordnete Othmar Karas: er sei beunruhigt und betroffen, dass immer dann wenn die Politik versage es Politiker gebe, die nach neuen Grenzen rufen. Grenzschließungen würden nur die Probleme auf Kosten anderer verschieben.

Die Forderungen wurden begründet mit Flüchtlingsstrom und Schlepperei. Die Grenzkontrollen sollen verhindern, dass Italien Flüchtlinge nach Österreich durchreisen lässt. Außerdem soll Druck gemacht werden für ein neues System der Aufteilung von Asylwerbern unter den EU-Staaten. Der SPÖ-EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer aber spricht von Populismus: die Herren sollten sich überlegen, an wen sie die Forderungen adressieren.

Nämlich eigentlich an die EU-Innenminister, die längst einen Vorschlag zur gerechteren Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU ausarbeiten hätten sollen. Konkret die österreichische Innenministerin. Österreich könnte sehr wohl eine aktivere Rolle übernehmen.

Aus Sicht des Innsbrucker Professors für Europarecht Walter Obwexer wären Grenzkontrollen rechtlich ohnehin kaum möglich - nämlich nur dann wenn eine schwerwiegende Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliege.

Gerade wenn es um Flüchtlinge geht, müsste es besonders triftige Gründe geben, sagt Obwexer. Der Schengener Grenzkodex sieht nämlich vor, dass das Überschreiten von Außengrenzen von Asylwerbern nicht als Bedrohung der öffentlichen Ordnung betrachtet werden solle.

Wenn die Flüchtlingszahlen so hoch wären wie in Italien und Griechenland, wären Grenzkontrollen gerechtfertigt, meint Obwexer. In der derzeitigen Situation aber würde Österreich ein EU-Vertragsverletzungsverfahren drohen. Deshalb gehe er davon aus, dass die derzeitige Debatte zu keinem Ergebnis führen werde.

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