Cameron verspricht mehr Autonomie
Das Votum der Schotten für den Erhalt der Einheit mit Großbritannien hat mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Auch andere Teile des Vereinigten Königreichs streben jetzt nach mehr Eigenständigkeit und Autonomie. Und es zeigt sich, dass die Föderalismusbewegung, die vor 15 Jahren begonnen hat, stecken geblieben ist. Aber David Cameron verspricht jetzt Tempo vor den Unterhauswahlen im Frühling.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 20.9.2014
Bundesrepublik Großbritannien - in diese Richtung könnte sich das Vereinigte Königreich entwickeln, wenn der in Schottland gestartete Prozess zu Ende gedacht wird, ist John Springford vom Centre for European Reforms überzeugt.
4 Das Referendum war jetzt erst der Startschuss, es ist der Beginn der Umwandlung eines bis 1997 extrem zentralistisch regierten Landes - damals wurde die Dezentralisierung in Schottland, Wales und Nordirland eingeleitet - hin zu einem föderal regierten Staat.
Die Dezentralisierung hat vor 15 Jahren begonnen - allerdings nur in Schottland, Wales und Nordirland. Regionalparlamente wurden gegründet, einige Kompetenzen von Westminster an die Länder abgetreten. Dann aber blieb der Prozess stecken - was zur grotesken Situation führte, dass Schottische Abgeordnete im gesamtbritischen Parlament über Themen mitbestimmen durften, die für England relevant sind. Umgekehrt aber galt das nicht. Nun soll den Schotten noch mehr Unabhängigkeit zugebilligt werden. Streit ist programmiert, sagt John Springford:
Es kommt jetzt drauf an, wie dieses mehr an Macht verteilt wird. Wenn die Schotten noch mehr Macht bekommen werden die englischen Wähler unzufrieden werden. Wenn England nun ein eigenes Parlament bekäme, hätte das zur Folge, dass die in England traditionell starken Konservativen ihre Macht ausbauen. Die Labour Party will deshalb auch England in mehrere Regionen aufspalten, weil der Norden eher links ist. Labour schlägt einen Konvent vor. Mit dem Argument, durch regionale Parlamente mehr Bürgernähe zu sichern.
Dieser Aufspaltung England können aber die Konservativen in England naturgemäß wenig abgewinnen. David Cameron muss nun die Wünsche der eigenen Partei berücksichtigen, gleichzeitig seine Versprechen einlösen, die er den Ländern - allen voran Schottland gegeben hat. Gelingt ihm langfristig der Spagat, würde seine Regierung in Westminster deutlich an Macht einbüßen. Keine uncharmante Idee, findet Graham Watson von den Liberalen, der lange auch EU-Parlamentarier war.
Bleibt viel übrig, werden immer zusammen Entscheidungen über Verteidigungspolitik oder Außenpolitik, Währungspolitik, obwohl wir erkennen, wenn Spitäler, Schulen, Transport, da kann man auf nationaler Ebene entscheid machen. Was sicher ist, dass was in Schottland passiert ist auch Spiegel von wachsendem englischem Nationalismus, gibt’s nicht nur in Schottland sondern auch in Wales. Und wenn dies zu einem föderalistischen Vereinigten Königreich führt könnte es nur gute Sache sein.
Schon im Frühjahr sollen die Pläne für die Neuordnung des Vereinigten Königreichs vorliegen. Es liegt an Premierminister Cameron, ob er es schafft, den eingeleiteten Dezentralisierungsprozess zu Ende zu bringen. Das Referendum in Schottland lieferte dafür den Startschuss.