Briten vor AKW-Genehmigung durch EU

Ein umstrittenes britisches Atomkraftwerk könnte nun doch die Zustimmung der EU bekommen. Der zuständige EU-Wettbewerbskommissar will das jedenfalls empfehlen. Für die Atomindustrie wäre es der ersehnte Schub nach der Atomkatastrophe von Fukushima vor dreieinhalb Jahren.

Mittagsjournal, 24.9.2014

"Desaster für Energiemärkte"

Es ist ein Modellprojekt sowohl für die Befürworter als auch die Gegner der Atomkraft. Die zwei modernen Druckwasserreaktoren in Hinkley Point wären für die Atomindustrie ein Neuanfang. Der Beleg, dass die Atomkraft auch nach der Katastrophe von Fukushima nicht tot ist. Der künftige Betreiber, der französische Energieriese EDF, will aber großzügige Subventionen. Für die Gegner der Beweis, dass Atomkraft eigentlich nicht lebensfähig ist. "Es wäre ein Desaster für die Energiemärkte in Europa, würde der Subventionsplan für Hinkley Point durchgehen", sagt Mark Johnston, Energieexperte des European Policy Center in Brüssel.

Pläne für Hinkley Point gibt es in Großbritannien seit über zehn Jahren. Doch in der Zwischenzeit haben sich die Voraussetzungen geändert. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima vor dreieinhalb Jahren sind die Sicherheitsanforderungen für Atomkraftwerke gestiegen, Investitionen sind dementsprechend teurer.

Wettbewerbskommissar empfiehlt der Kommission ein Ja

Hinkley Point soll ab Mitte des nächsten Jahrzehnts sechs Millionen britische Haushalte mit Strom versorgen. Dafür will EDF einen garantierten Abnahmepreis - umgerechnet rund 110 Euro pro Megawattstunde, 35 Jahre lang. Das ist etwa der doppelte derzeitige Großhandelspreis für Strom in Großbritannien.

Eine Subvention, die die Briten zahlen würden, die von der EU aber genehmigt werden müsste. Der zuständige Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hat Anfang des Jahres noch Zweifel geäußert. Jetzt will er seinen Kommissarskollegen allerdings die Zustimmung empfehlen, sagt sein Sprecher Antoine Colombani: "Ja, wir haben Zweifel gehabt, ob das mit den Staatsbeihilfe-Regeln vereinbar ist. Aber es hat Diskussionen gegeben und einige Änderungen an den ursprünglichen Plänen, so dass Kommissar Almunia der Kommission nun ein Ja empfehlen kann."

Großbritannien als Vorreiter?

Worin die Änderungen bestehen, ist derzeit nicht bekannt. Britische Versuche, die Atomkraft als CO2-arme Technologie den Erneuerbaren aus Sonne, Wind oder Wasser gleichzusetzen, sind auf EU-Ebene bisher fehlgeschlagen. An eine Totalrevision des Subventionsplans für Hinkley Point glaubt Energieexperte Mark Johnston nicht. Höchstens am Abnahmepreis oder an der Förderdauer könnte sich etwas geändert haben.

Der Hinkley-Förderplan wäre jedenfalls der ersehnte Schub für die Atomindustrie, sagt Johnston. "Wenn die Kommission Hinkley durchwinkt, könnten andere diesem Beispiel folgen. Für Österreich würde das heißen, dass neue Atomkraftwerke in den Nachbarländern Tschechien, Slowakei oder Ungarn nach dem selben Modell vorangetrieben werden könnten. Die Briten wären so Vorreiter, andere würde das kopieren."

Die Entscheidung liegt bei der EU-Kommission. Geht es nach Wettbewerbskommissar Almunia soll sie noch im Oktober fallen, bevor er ausscheidet und die neue Kommission unter Jean-Claude Juncker antritt.