Deutschmatura fast ohne Literatur?
Von "Faust" über "Lumpazivagabundus" bis zur "Verlorenen Ehre der Katharina Blum" - das alles hat man im Gymnasium jahrelang gelesen. Jetzt aber warnt die IG Autorinnen Autoren: Literatur komme nicht nur bei der Zentralmatura zu kurz, sondern in der Oberstufe generell. Und Betroffene an Schulen geben ihnen recht. Sie fordern einen strengeren Kriterienkatalog für die neue Matura, die im Mai 2015 erstmals an allen AHS stattfinden wird.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 1.10.2014
"Kein Verstehen, kein Einordnen"
Nur noch eine von sechs Aufgaben zielt bei der Zentralmatura auf Literatur ab. Zu wenig und zu oberflächlich nennt das Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen und Autoren. Bei der alten AHS-Matura war es noch eine von drei Aufgaben, für die neue Matura hat man sich hier den berufsbildenden höheren Schulen angeglichen. Die Literatur werde funktionalisiert, so Gerhard Ruiss.
Texte verstehen und einordnen, auch in den historischen Kontext, das sei bei der Matura inzwischen Randprogramm - und deshalb auch in den Jahren davor kaum noch Thema im Unterricht, das sagt auch die ÖVP-nahe Personalvertreterin und Grazer AHS-Lehrerin Gudrun Pennitz. Vertiefen sei notwendig, diese Zeit bleibt nicht mehr.
Denn bei der neuen Matura müssen Schüler viel mehr Textsorten beherrschen als bisher - vom Sachtext über den Kommentar bis zum Leserbrief. Und darauf wollten die Lehrer ihre Schüler bestmöglich vorbereiten, sagt Pennitz.
Literatur werde damit aber oft zur Privatsache für die Schüler - oder überhaupt eingestellt. Die Lehrerin warnt vor fatalen Konsequenzen für die Schüler, aber auch für die allgemeinbildenden Schulen selbst. Die Langzeitfolgen seien, dass in 20 Jahren etwa bei Faust niemand mehr an Goethe denke.
Auch für den Alltag wären Schüler oder Absolventen ohne Literaturverständnis schlechter gewappnet, sagt Gerhard Ruiss von der IG Autoren. Die meisten und immer komplizierter werdenden Texte werden nicht mehr verstanden aber auch Behördentexte nicht.
Die Forderung der Autoren und aus der Lehrerschaft an die Bildungspolitik lautet daher, die Literatur wieder aufzuwerten. Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, SPÖ, bleibt bisher dabei: Die Zentralmatura sei streng genug.