Experten: Zentralmatura nicht "zentral" genug
Die Aufregung um die Zentralmatura hält auch nach der Absetzung der BIFIE-Chefs an. Denn jetzt geht es um die Benotung, bei der es Unklarheiten über den Schlüssel gab. Und weil hier das Gesetz den Lehrern die Entscheidung überlässt, fragen sich nun Experten, ob damit nicht die Zentralmatura an sich ad absurdum geführt wird.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 16.5.2014
"Unfairness" bleibt
Die Zentralmatura soll gleiche Regeln für alle bringen - auch bei der Benotung. Da passe es nicht dazu, dass eine Verordnung aus den 1970er-Jahren den Lehrern weiterhin das letzte Wort lässt, ob ein Schüler nun durchkommt oder nicht, sagt Bildungswissenschaftlerin Christiane Spiel: "Das ist zweifellos nicht sinnvoll, denn wenn es eine Zentralmatura gibt, dann sollte natürlich auch der Bewertungsschlüssel wirklich eingehalten werden." So aber könnten manche Schüler je nach Strenge beziehungsweise Milde des Lehrers doch noch einen Vierer bekommen, andere aber nicht, obwohl sie den gleichen Prozentsatz erreicht haben, sagt Spiel. Das wäre aber unfair, wenn das unterschiedlich gehandhabt wird. Und es sei genau das Ziel der Zentralmatura gewesen, von dieser "Unfairness" wegzukommen.
Bewertung von außen?
Widersprüche ortet auch der ÖVP-nahe Lehrergewerkschafter Eckehard Quin, der die Zentralmatura von Anfang an kritisiert hat: Denn die Experten, die die Matura zusammenstellen, hätten immer behauptet, dass das ein Dogma sei, von dem man nicht abweichen dürfe, sonst leide die Vergleichbarkeit, hebt Quin hervor.
Auf echte Vergleichbarkeit pocht auch Lehrervertreter Jürgen Rainer von den berufsbildenden Schulen. Er erneuert seinen Vorschlag, dass Maturanten und Maturantinnen nicht von den eigenen Lehrern und Lehrerinnen beurteilt werden. Das sollten besser eigens geschulte Experten von außen machen. Das sei ja auch der Grund für die Multiple-Choice-Aufgaben, damit das Ergebnis stärker objektiviert und mit Prozentwerten versehen werden kann.
Druck von Schülern nehmen
Einer Benotung durch externe Prüfer kann auch Bildungsforscherin Spiel etwas abgewinnen. In die Abschlussnote der Schüler einfließen sollten dann aber nicht nur die Leistungen bei der Matura selbst, sinnvoll wäre "eine Mischung aus einer punktuellen Bewertung - das wäre eben eine Zentralmatura, plus einer Bewertung oder Leistung, die sich über einen längeren Zeitraum erstreckt." Zum Beispiel die letzten beiden Schuljahre, so Spiel. Dann wäre der Druck für die Schülerinnen und Schüler am Tag der Matura nicht mehr ganz so groß.