"Ministerinnen für Pannenserie verantwortlich"
Die Verantwortlichen für die Pannenserie bei der Zentralmatura stehen nach Ansicht des Bildungsexperten Günter Haider fest: der für die Zentralmatura zuständige Direktor des Bildungsforschungsinstituts des Bundes (BIFIE), Martin Netzer, aber auch die letzten Bildungsministerinnen seien politisch gesamtverantwortlich.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 14.5.2014
Ex-BIFIE-Direktor und "Mr. PISA", Günter Haider, im Gespräch mit Cornelia Vospernik
"Proporz rächt sich"
BIFIE-Direktor Netzer habe die Konsequenzen nun wohl persönlich zu tragen, so Haider, selbst fünf Jahre lang bis 2013 Direktor des BIFIE, im Ö1-Morgenjournal. Haider richtet aber auch Vorwürfe gegen die politisch Verantwortlichen: "Hier rächt sich auch, dass bei seiner Bestellung als Chef der Zentralmatura durch die (damalige SPÖ-Ministerin Claudia, Anm.) Schmied in erster Linie parteipolitische Gründe ausschlaggebend waren. Herr Netzer war ja Mitarbeiter des Ministeriums und Büroleiter von Ministerin Gehrer (ÖVP, Anm.). An dieser Stelle wäre aber vielleicht jemand mit Lehramt- und Schulerfahrung und wissenschaftlicher Qualifikation und Kompetenz und Praxis in der Organisation solcher Testungen erforderlich."
Haider weiter: "So rächt sich im Nachhinein dieser im Unterrichtsministerium allgegenwärtige Besetzungsproporz. Und natürlich haben die Ministerinnen Schmied und Heinisch-Hosek die Gesamtverantwortung für das Schlammassel, ohne Zweifel. Dass man jetzt als Ministerin so tut, als wäre das BIFIE irgendeine Firma, für die sie keine Verantwortung trägt und die man bei Pannen bequem als externen Sündenbock verwenden kann, das ist eine glatte Täuschung der Öffentlichkeit."
"Verantwortliche überfordert"
Die Zentralmatura sei ein wichtiges Projekt, und die Pannenserie werfe ein schlechtes Licht sowohl auf dieses Projekt als auch auf die Beteiligten. Im Prinzip sei das keine schwere Angelegenheit und das BIFIE habe zusammen mit dem Bildungsministerium in den letzten Jahren auch eine exzellente Aufbauarbeit geleistet. Die Pannen der letzten Monate seien eine Mischung aus Unprofessionalität und mangelnder Sensibilität, so Haider. "Hier hätte man einfach sorgfältiger vorgehen müssen." Die Verantwortlichen seien offenbar mit der speziellen Situation zu Beginn der Zentralmatura überfordert.
Das BIFIE selbst sei an sich nicht schlecht organisiert, so Haider. "Auch die Kritik, die der Rechnungshof damals nach drei Jahren Aufbauarbeit geäußert hat, war nur zum Teil akzeptabel." Beim BIFIE gebe es viele exzellente Mitarbeiter, auch die Organisation und Ausstattung würde völlig ausreichen, um Projekte wie die Bildungsstandardüberprüfung oder die Zentralmatura gut über die Bühne zu bringen. "Man müsste allerdings versuchen, den politischen Einfluss herauszuhalten und auch entsprechend qualifizierte Manager an die Spitze berufen, damit diese Pleiten-, Pech und Pannenserie aufhört und entsprechend professionelle Einstellung dort einzieht."
Günter Haider hatte auch die Grundzüge einer zukünftigen Zentralmatura ausgearbeitet. Derzeit arbeitet er an der Universität Salzburg. Weder die Unterrichtsministerin, noch jemand aus der derzeitigen Führungsmannschaft des BIFIE wollte gegenüber dem Morgenjournal eine Stellungnahme abgeben.