WIFO-Chef Aiginger: Steuerentlastung muss kommen

Die geplante Steuerreform der Koalition löst dieser Tage wieder einmal Kontroversen aus - gerade innerhalb des Bündnisses aus SPÖ und ÖVP. Die SPÖ, die einen Parteitag vor sich hat, will eine Entlastung im Umfang von sechs Milliarden Euro. Schützenhilfe bekommt sie dabei vom Gewerkschaftsbund. Die Volkspartei, die einen Parteitag hinter sich hat, hält am Volumen von fünf Milliarden Euro fest und spricht gleichzeitig über eine Gebührenentlastung in den Gemeinden sowie Ländern und über eine rasche Pensionsanpassung. Dass es ohne steuerliche Entlastung nicht geht, findet auch Wifo-Chef Karl Aiginger - trotz der sich immer mehr eintrübenden Wirtschaftsaussichten.

Karl Aiginger

APA, NEUBAUER

Mittagsjournal, 17.11.2014

Unbestritten ist für Karl Aiginger vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO, dass das Land eine umfassende Steuerreform braucht. Geht es nach dem WIFO, dann sollen SPÖ und ÖVP beim geplanten Wurf jedoch weiter ausholen als bisher angekündigt - damit die Menschen die Änderungen auch spüren. Wichtig sei, dass auch das unterste Drittel der Einkommensbezieher etwas bekomme durch eine Senkung der Sozialabgaben und das sei nur in einer Größenordnung von 8 Milliarden Euro vorstellbar.

Aiginger zeigt sich optimistisch, dass die beiden Koalitionspartner eine gemeinsame Lösung anstreben und auch umsetzen werden. Allen Beteiligten sei klar, dass die Menschen mehr netto vom Bruttoeinkommen brauchen, damit die schwache private Nachfrage, also der Konsum, wieder an Schwung gewinnt. Die Regierung arbeite sehr hart an einer spürbaren Reform, damit den Menschen auch ein realer Lohn übrigbleibe, der dem Konsum dient.

Positiv bewertet Karl Aiginger zwei Ideen von Vizekanzler und ÖVP Chef Reinhold Mitterlehner. Der hat gestern in der TV-Pressestunde vorgeschlagen, dass Länder und Gemeinden - abseits der geplanten Steuerreform - Gebühren senken sollen. Die Inflation in Österreich liege höher als im EU-Schnitt, somit eine geringere Lohnsteigerung bewirke. Es sei damit wichtig, Budgets nicht über Gebührenerhöhungen zu sanieren, sondern über Ausgabensenkungen.

Neben der Gegenfinanzierung über die Ausgabenseite bringt Aiginger erneut so genannte Umweltsteuern ins Spiel, etwa höhere Steuern auf Treibstoffe. Budgetkonsolidierung und der Steuerreform helfen könnte es, wenn Mitterlehners Vorschlag Nummer zwei Realität wird - die automatische Anpassung des Pensionsalters an die Lebenserwartung. Allerdings müssten die älteren Personen auch eine Chance am Arbeitsmarkt haben. Dazu gehöre ein Automatismus, damit die Regelung nicht vor jeder Wahl wieder ausgehebelt wird.

Um sich die Steuerreform leisten zu können, braucht es auch konjunkturelle Voraussetzungen. Das Wachstum in Österreich stagniert derzeit. Nach Schätzung der Experten zeigt die Tendenz Richtung Rezession. Die Prognosen für das kommende Jahr haben die Forschungsinstitute und ebenso die EU schon nach unten revidiert. Impulse setzen lautet somit der Apell Aigingers an die Regierung: Sanierungen vorziehen, Kindertagesbetreuungsplätze, Energiesparmaßnahmen, bei Breitbandausbau schnell im Europaeinklang mitwirken.

Sämtliche Investitionen müssten in so genannte Wachstumstreiber fließen, resümiert Karl Aiginger vom WIFO. Für ihn stehen dabei Ausgaben für den Bereich Bildung - und damit in künftige Steuerzahler - ganz oben.