Briten im spannenden Wahljahr

Großbritannien blickt auf ein – in politischer Hinsicht – spannendes Jahr 2015. In 5 Monaten stehen die Unterhaus-Wahlen an. Der konservative Premierminister David Cameron ging 2010 notgedrungen mit Nick Clegg und den Liberaldemokraten eine Koalitionsregierung ein. Dieses Mal wollen sich die Konservativen ohne Hilfe anderer Parteien den Wiedereinzug in die Downing Street sichern. Laut Meinungsforschern könnte die Unterhaus-Wahl 2015 ein unklares Ergebnis liefern, das noch weitaus kompliziertere Koalitionsverhandlungen zur Folge hätte.

Während in England die rechtspopulistische UK Independence Party, die einen EU Austritt fordert, mehr und mehr enttäuschte Wähler aller Couleur anzieht, verzeichnet die SNP in Schottland einen regen Mitgliederzulauf. Die Nationalisten könnten Labour als stärkste Kraft in Schottland ablösen.

Mittagsjournal, 3.1.2015

Aus London,

Offenes Rennen

Das Wort „Koalition“ ist hier im Vereinigten Königreich ein verhasster Begriff. Das Mehrheitswahlrecht hat in der Vergangenheit große Parteien begünstigt und bis zur letzten Wahl immer eine klare Mehrheit für eine Alleinregierung geliefert.

Das Rennen ist dieses Mal völlig offen, die Konservativen liegen mit Labour in den Umfragen gleichauf bei 33% sagt Meinungsforscher Joe Twyman, keine der beiden Parteien hätte aus heutiger Sicht genügend Sitze um allein zu regieren. Kleinparteien wie die EU feindliche UKIP und die Schottischen Nationalisten sind für enttäuschte Wähler attraktiv geworden, die Frage ist, ob sie diese Unterstützung bis Mai weiter ausbauen können.

Die wahlentscheidenden Themen sind Einwanderung und die Wirtschaft. UKIP hat die Debatte bisher erfolgreich für sich genutzt und liegt bei 14%, Joe Twyman geht davon aus, dass dieses Ergebnis auch bei der Unterhauswahl realistisch ist. Parteichef Nigel Farage hat signalisiert, er wäre mit allen Parteien zu Koalitionsgesprächen bereit. Seine Bedingung: Das von den Konservativen versprochene Referendum zum EU Austritt, müsste gleich nach der Wahl und nicht erst 2017 stattfinden. UKIP ist die einzige Partei die sicherstellt, dass Großbritannien entscheiden kann, ob es sich wieder selbst regieren will, sagt Nigel Farage:

In Schottland erlebt die links-gerichtete SNP, die schottische Nationalpartei, den größten Mitgliederzulauf seit ihrem Bestehen. In den Umfragen in Schottland liegt die SNP bei über 40%. SNP Fraktionschef im Unterhaus und Wahlkampfleiter Angus Robertson schließt eine Koalition mit den Konservativen aus, mit Labour sieht er eine Zukunft. Diese Unterstützung wäre natürlich an Bedingungen geknüpft.

Es ist unmöglich, den Ausgang dieser Wahl auch nur annährend zu prognostizieren. Politische Strategen in allen Lagern werden die nächsten Monate damit verbringen, alle Szenarien durchzuspielen. Angesichts der Abneigung der Briten gegenüber Koalitionen ist auch eine Neuwahl wenige Monate später durchaus möglich.