Notschlafstellen in Frankreich
Sie schlafen in Hauseingängen, Metro-Stationen, neben Lüftungsgittern von Supermärkten, die Obdachlosen von Paris. In den Wintermonaten versuchen Hilfsorganisationen die Menschen in Notschlafstellen unterzubringen.
27. April 2017, 15:40
Manchmal kommt die Hilfe zu spät, allein in der vergangenen Woche sind mindestens sieben Obdachlose wegen der Kälte in Frankreich gestorben. Anfang vergangene Woche hat außerdem eine Maßnahme in der Stadt Angoulême für Empörung gesorgt: dort wurden Parkbänke mit Gittern umzäunt, damit Obdachlose nicht darauf schlafen können. Laut dem französischen Statistikamt ist die Zahl der Menschen, die auf der Straße leben, innerhalb eines Jahres von 4.000 auf 9.000 Personen gestiegen. Weil die Nachfrage nach Unterkünften zunimmt, hat die Stadt Paris in der vergangenen Woche wegen der zunehmenden Kälte zusätzliche Notschlafstellen geöffnet.
Mittagsjournal, 3.1.2015
Aus Paris,
Es ist 7 Uhr in der Früh, in einer Turnhalle Cange im 14. Arrondissement in Paris. 60 Obdachlose haben hier die gestrige Nacht verbracht, in der geheizten Sporthalle auf einfachen Feldbetten, unter dicken Wolldecken: Das wichtigste ist ein Bett im Warmen zu finden, sagt einer von ihnen. Nach dem Aufstehen gibt es ein kleines Frühstück und Tee und Kaffee: Es ist wirklich kalt im Moment, und dazu kommt noch der Wind. Ich lebe seit circa einem Monat auf der Straße, die Notschlafstelle müssen wir ja um neun in der Früh verlassen.
Laut dem französischen Statistikamt hat sich die Zahl der Obdachlosen in Frankreich im vergangenen Jahr verdoppelt. Dominique Borbin, der die Notschlafstelle Cange leitet: Es ist schwer sich auf die Anfragen einzustellen, von einem Tag auf den anderen kann sich ihre Zahl verdoppeln. Der Plan des Staates und der Stadt Paris sieht vor im Winter 1.000 zusätzliche Schlafstellen einzurichten. Wir schätzen, dass derzeit rund 2500 Menschen in Paris auf der Straße leben. Wenn man jene dazurechnet, selbst kein Zuhause haben aber in permanenten Notunterkünften wohnen, kommt man auf circa 15. – 16.000 Menschen.
Hilfsorganisationen bemängeln, dass der Staat Notunterkünfte erst dann zur Verfügung stellt, wenn die Temperatur weniger als -5Grad beträgt. Außerdem sei in Frankreich in den vergangenen Jahren auch die Zahl der Obdachlosen Familien und Frauen gestiegen. Viele permanente Notschlafstellen seien dafür nicht eingerichtet, die Notschlafstelle Cange, nimmt ausschließlich Männer auf, sagt Dominique Borbin: Paris zieht viele Menschen an. Wir beherbergen hier viele junge Männer, die über Italien und Spanien aus Afrika, Afghanistan, den Maghreb Staaten kommen. Sie sind mitgenommen von ihrer Reise und sie brauchen genauso einen ruhigen Ort wie jene Menschen, die wegen der schlechten Wirtschaftslage aus ganz Frankreich kommen und hier auf der Straße landen oder die Langzeitobdachlosen.
Gemeinsam mit Hilfsorganisationen sollen in den Notschlafstellen sollen auch langfristige Lösungen gefunden werden, sagt Demian Vizé, der seit 7 Jahren in unterschiedlichen Unterkünften arbeitet: Am Anfang haben wir nur ein Dach über dem Kopf angeboten, jetzt versuchen Sozialarbeiter den Obdachlosen langfristig zu helfen, einige arbeiten, andere warten auf einen Asylbescheid. Und auch medizinische Versorgung bieten wir an.
Um 9 Uhr, wenn die Turnhalle geschlossen wird, werden die meisten der jungen Männer die übernachtet haben zurück zum Nordbahnhof gebracht, wo viele ihren Tag verbringen: Jetzt geht es zurück auf die Straße, um 12 Stunden lang die Zeit totzuschlagen. Ich werde von U-Bahn zu U-Bahn fahren, von Bus zu Bus, oder vielleicht in ein Einkaufszentrum gehen, die Zeit vergeht sehr langsam. Am Abend werden sie dort mit dem Bus wieder abgeholt, für eine weitere Nacht im Warmen.