Japan: Streit um Weltkriegsgedenken

Nicht nur in Europa gedenkt man in diesem Jahr, dass 70 Jahre Zweiter Weltkrieg zu Ende ist. Auch in Asien haben 1945 die Waffen nach einem mörderischen Ringen geschwiegen, erst nachdem Atombombenangriffen auf Hiroshima und Nagasaki imperiale Japan kapituliert hat. Aber anders als in Europa, wo man sich bemüht gemeinsam zu gedenken, treibt das Weltkriegsgedenken die Nachbarn weiter auseinander. Besonders schwer tut sich der Kriegsverlierer Japan, selbst nach 70 Jahren.

Morgenjournal, 3.3.2015

Aus Tokio,

Der Zweite Weltkrieg ist für Japan mit den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki zu Ende gegangen - ein Trauma, das auch nach siebzig Jahren das Land belastet, mehr noch als die Niederlage Japans: Deutschland, das sich auf österreichisches Territorium erstreckte, in Europa und Japan in Asien waren die Kriegsverlierer der Weltkriegskatastrophe. In Europa werden die Gedenkveranstaltungen dazu genutzt, das große Gemeinsame, das in diesen siebzig Jahren mühsam erarbeitet worden ist, zu betonen und zu stärken. In Asien treibt das Gedenken die Nachbarn weiter auseinander. Vor allem der Kriegsverlierer Japan kann die Belastung der Vergangenheit nicht abschütteln.

Wie schwierig sich Japans mit der eigenen Kriegsvergangenheit tut, ist jeden Dienstag in Tokio vor dem Redaktionsgebäude der großen liberalen Tageszeitung Asahi Shimbun festzustellen.

Lautstark protestiert eine Gruppe rechter Nationalisten , weil die Zeitung Asahi Shimbun seit Jahren über die Zwangsprostitution chinesischer und koreanischer Frauen durch die japanischen Streitkräfte während des Zweiten Weltkrieges schreibt. Der Bericht eines der Augenzeugen hat sich als unrichtig herausgestellt, jetzt bekommen die Leugner Oberwasser.

Sexsklavinnen für die japanischen Truppen, so etwas hat es nie gegeben, behauptet Herr Nagai, einer der Organisatoren der Gruppe mit dem patriotischen Namen, Tue das Beste für Japan.
Historiker sprechen von Hunderttausenden entführten Frauen aus China und Korea, die im Zweiten Weltkrieg in Militärbordelle gezwungen wurden. Entschädigungen für die Opfer gab es keine. Nur zögerlich kam die Entschuldigung des offiziellen Japans.

In der führenden liberalen Zeitung ist man Druck von der nationalistischen Rechten gewohnt, sagt Kommentator Takashi Kokubu: Japan hat sein Vergangenheit immer verdrängt. Es gibt heute noch Leute, die glauben, dass nicht alles schlecht war, was das Land im 2. Weltkrieg getan hat.

Korea hielt Japan fast ein halbes Jahrhundert als Kolonie besetzt. Der japanische Eroberungskrieg gegen China war von Massakern und Verwüstungen geprägt, es gab Millionen Tote. Wenn Japan Kriegsverbrecher von damals ehrt, protestieren regelmäßig die Regierungen der Nachbarn.
Die Gefahr ist groß, dass die Erinnerung an das Kriegsende in Asien nicht zur Versöhnung sondern zu verschärften Spannungen führt, weil es anders als in Europa nie eine gemeinsame Aufarbeitung des Krieges gegeben hat, meint der Der liberale Kommentator Takashi Kobuku.

Unglücklicherweise werden die Gegensätze schärfer. China ist dabei Japan wirtschaftlich und militärisch zu überholen, sie wollen Nummer eins sein. China benützt historische Fragen um Japan zu attackieren. Dass in Japan rechte Politiker immer aktiver werden, macht die Probleme noch größer.

Die chinesische Regierung plant im Herbst eine große Siegesparade in Peking. Russlands Präsident Putin hat zugesagt. Ob auch Japans Premierminister geladen wird und ob einer eine solche Einladung annehmen würde, ist offen.