Türkei: Journalistin vor Gericht
In der Türkei beginnt heute der Prozess gegen die niederländische Journalistin Frederike Geerdink. Der Journalistin wird offenbar Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK vorgeworfen. Die Niederländerin weist die Vorwürfe zurück und betont, sie berichte unparteiisch. Der Druck auf Journalisten in der Türkei, auch auf ausländische, hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Es ist aber außergewöhnlich, dass jetzt eine ausländische Journalistin vor Gericht steht.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 8.4.2015
Aus Istanbul,
Die acht schwer bewaffneten Männer einer Anti-Terroreinheit kamen an einem Nachmittag Anfang Jänner. Sie durchsuchen das Apartment von Frederike Geerdink in der Kurdenstadt Diyarbakir im Südosten des Landes. Die Frau wird nach eigenen Angaben für vier Stunden auf eine Polizeistation mitgenommen. Der Zeitpunkt war nicht ohne Ironie. Nur Stunden zuvor hatte der türkische Präsident Tayyip Erdogan auf einem Empfang für ausländische Botschafter in Ankara die Pressefreiheit seines Landes in höchsten Tönen gelobt. Nirgendwo, weder in Europa noch sonst wo auf der Welt, sei die Presse freier als in der Türkei meinte das Staatsoberhaupt. Eine Ansicht, die der Realität kaum standhalten kann. Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat die Türkei bei der Pressefreiheit heuer auf Platz 149 gesetzt. Von insgesamt 180 Ländern.
Besonders kritisiert werden die zahlreichen Gerichtsverfahren gegen Journalisten, die Kündigung kritischer Reporter, gesetzlich verfügte Verbote der Veröffentlichung sowie die Zensur im Internet. Erst vor zwei Tagen wurden Facebook, Twitter und Youtube in der Türkei für mehrere Stunden abgedreht und Google diese Maßnahme angedroht. Der Grund: die Veröffentlichung von Bildern eines sich in der Hand von Terroristen befindlichen Staatsanwaltes, die den Mann kurz vor seiner Ermordung vergangene Woche zeigen. Den Medien wurde die Berichterstattung unter Hinweis auf die Staatssicherheit untersagt.
Rund 150 Themen wurden in den letzten vier Jahren gesperrt weil türkische Gerichte oder der mächtige Rundfunkrat dies so bestimmt haben hat die Tageszeitung Hürriyet jüngst vorgerechnet. Staatsanwälte schrecken nicht davor zurück, Journalisten, den Prozess zu machen, wenn die über Dinge berichten, über die nicht berichtet werden darf. Oder weil sie über ein sensibles Thema auf eine Art und Weise berichten, wie dies unerwünscht ist.
Ausländische Reporter werden aber äußerst selten strafrechtlich verfolgt. Bei Frederike Geerdink wollten die Behörden möglicherweise ein Exempel statuieren. Die 45-jährige Journalistin berichtet seit fast einem Jahrzehnt über die Situation der Kurden. Immer wieder werfen ihr die türkischen Behörden Parteilichkeit vor. Ihre Berichte gehen den Mächtigen offenbar mächtig gegen den Strich. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu fünf Jahre Haft. Menschenrechtsgruppen, europäische Journalistenvereinigungen, auch die niederländische Regierung, sie alle haben die Anklage von Frederike Geerdink wiederholt scharf verurteilt.