Sicherheitsgesetz in der Türkei gestoppt
In der Türkei hat das Parlament die Beratungen über das umstrittene Sicherheitsgesetz gestoppt. Nach wochenlangen politischen Streitereien wird über die noch nicht beschlossenen Teile des Gesetzes vorerst nicht abgestimmt. Hintergrund dürfte sein, dass die türkische Regierung die heiklen Verhandlungen mit den Kurden nicht gefährden will.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 14.3.2015
Aus Istanbul,
Ältere Herren in Anzügen schlagen auf einander ein. Sie ziehen sich an den Ärmeln oder reißen dem anderen die Brille aus dem Gesicht. Zimperlich ist die Debatte über das neue Sicherheitsgesetz im Parlament in Ankara bisher wahrlich nicht verlaufen. Jetzt wurde sie zumindest vorübergehend gestoppt. Doch hat die Regierung längst wichtige Teile des Sicherheitspakets durchgeboxt, das die Befugnisse der Polizei massiv ausweiten wird. So drohen vermummten Demonstranten, die sich an gewalttätigen Protesten beteiligen, jahrelange Haftstrafen. Der Schusswaffengebrauch soll der Polizei in deutlich mehr Fällen erlaubt werden.
Besonders laute Kritik an der Regierung haben die Vertreter der Kurden geübt, die das Sicherheitspaket als direkt gegen ihre Volksgruppe gerichtet ansehen. Und das dürfte auch der Grund sein, warum die islamisch-konservative Regierung zumindest vorübergehend einen Rückzieher macht. Die Verhandlungen mit den Kurden über einen dauerhaften Frieden sind in eine heikle Phase getreten. Türkische Medien spekulieren über einen möglichen Durchbruch schon in den nächsten Wochen. Einen Erfolg, der womöglich greifbar nahe ist, den scheinen die Mächtigen in Ankara jetzt nicht gefährden zu wollen.
Vor zwei Wochen hatte der inhaftierte kurdischen Rebellenchef Abdullah Öcalan an die Kämpfer seiner verbotenen Terrororganisation PKK appelliert, die Waffen niederzulegen. Gelingt tatsächlich eine Einigung, dann wäre dies ein politischer Coup für die islamisch-konservative Regierung und Präsident Erdogan. Der politische Prozess, der darauf folgen müsste, wird aber auf jeden Fall langwierig und schwierig.
Dass eine Einigung überfällig und für dauerhafte Stabilität der Türkei unbedingt notwendig ist, das wissen alle Beteiligten. Mehr als 40.000 Menschen sind in den Kämpfen zwischen der kurdischen PKK und der türkischen Regierung in den vergangenen drei Jahrzehnten umgekommen. Die Opfer waren auf beiden Seiten zu beklagen.