China: 7 Jahre Haft für kritische Journalistin

In Peking ist eine Journalistin zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht wirft der 71-jährigen Gao Yu vor, Geheimnisse verraten zu haben. Selbst für chinesische Verhältnisse ist das ein ungewöhnlich hartes Urteil für einen an sich absurden Vorwurf. Menschenrechtsorganisationen sehen das Urteil als Zeichen, dass Behörden und Justiz noch härter gegen Kritiker vorgehen.

Mittagsjournal, 17.4.2015

Hohe Strafe soll abschrecken

Die unabhängige Journalistin Gao Yu, die heute so streng verurteilt wurde, war ursprünglich Vizechefredakteurin eines chinesischen Reformblattes. Sie hat auch für internationale Sender gearbeitet. Mehrmals war sie wegen ihrer Arbeit im Gefängnis. Die hohe Strafe von sieben Jahren Haft für die 71-Jährige ist wohl als abschreckende Maßnahme gedacht.

Der Vorwurf lautet jetzt Geheimnisverrat. Konkret soll sie dem Chefredakteur der Hongkonger Magazins "Wirtschaftsspiegel" ein internes Parteidokument weitergegeben haben. Vergeblich haben die Verteidiger argumentiert, dass eine ideologische Richtlinie der Partei nicht als Staatsgeheimnis im Sinne des Strafrechtes betrachtet werden kann, sagt der Anwalt Shang Baojun im Gespräch mit einem französischen Radiosender Radio France International: "Konkret ging es offensichtlich um das sogenannte ZK-Dokument Nummer 9, in dem die Kommunistische Partei Chinas sieben antisozialistischen Verfehlungen den Kampf ansagt."

Das Dokument zirkuliert breit im Internet. Pro und Contra von Verfassungsstaat und freier Meinungsäußerung, Neoliberalismus, Nihilismus und Journalismus westlichen Typs werden bis heute diskutiert. Für die angebliche Weitergabe der Parteiresolution selbst kommt man aber ins Gefängnis.

Reuegeständnis unter Druck entstanden?

Diese Kombination von großer Durchlässigkeit und unnachgiebiger Härte ist für das gesamte chinesische System typisch. Jeden Tag bekommen die Medien mündliche oder schriftliche Anweisungen von oben, welche Themen groß gespielt werden sollen und welche nicht, welche Ausdrücke zu vermeiden sind und welche nicht. Die Redakteure befolgen die Anweisungen streng. Gleichzeitig landen die Zensurvorgaben häufig selbst im Internet.

Alle Webseiten sollen ein Video löschen, auf dem ein populärer Fernsehmoderator sich über Mao Tse-tung lustig macht, heißt es zum Beispiel am 8. April. Fahrt die Diskussion herunter. Fünf Tage später, am 13.April verlangt die Medienbehörde, dass die internationalen Berichte über Chinas angebliche Wunderwaffe für Attacken im Internet nicht mehr abgedruckt werden. Genau nachprüfen lassen sich diese Zensuranweisungen natürlich nicht, aber sie kommen aus ernsthaften Quellen im Internet.

Der Fall von Gao Yu wird dadurch verkompliziert, dass die 71jährige kurz nach ihrer Verhaftung vor einem Jahr vor laufender Kamera ein Reuebekenntnis abgelegt hat, das damals im zentralen chinesischen Fernsehen prominent verbreitet wurde. Das Geständnis ist unter Druck entstanden, sagen die Verteidiger, vor Gericht hat sie ihre Unschuld beteuert. Die Anwälte sagen, dass die Verurteilte Journalistin Berufung einlegen wird. Aber derart harte Urteile sind in China schwer umzudrehen.