Mikl-Leitner stoppt Asylverfahren

In Österreich werden keine Asylanträge mehr bearbeitet, auch der Familiennachzug soll gestoppt werden - Innenministerin Johanna Mikl Leitner hat ihre Beamten gestern angewiesen, den Fokus auf Rück- und Abschiebungen zu legen. Sie will damit vor dem EU-Innenministerrat am Dienstag den Druck auf die anderen EU-Staaten erhöhen: Die Asylverfahren bleiben solange liegen bis die anderen Staaten mehr Flüchtlinge aufnehmen. Scharfe Kritik kommt von Menschenrechtsorganisationen, den Grünen und den NEOS.

Johanna Mikl-Leitner

APA/HANS KLAUS TECHT

Morgenjournal, 13.6.2015

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) macht Ernst: Noch vor dem nächsten EU-Innenministerrat am Dienstag in Luxemburg verschärft sie die Gangart gegen Flüchtlinge in Österreich. Dublin-Verfahren bzw. Rück- und Abschiebungen bekommen Vorrang, andere Asylverfahren aber werden gestoppt und damit auch der Familiennachzug. Sie wolle den "Asylexpress Österreich stoppen", sagt die Innenministerin und will damit ihre Forderung unterstreichen, dass es eine EU-weite Quote für die Verteilung von Flüchtlingen brauche, Österreich dürfe nicht länger, Zitat, "Zielland Nummer eins" sein. Für ihr Modell wird sie hierzulande aber bereits scharf kritisiert. Es könnte auch die Flüchtlingszahlen eher steigen lassen als sinken - und Mikl-Leitners Pläne werden auch juristisch angezweifelt. Regina Pöll berichtet.

Heftige Kritik

Ein Stopp bei den Asylverfahren - und keine Familiennachzug mehr, dafür mehr Tempo bei Rück- und Abschiebungen. Dieser Plan von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP sei ein schwerer Fehler, sagt Alexander Pollak, Sprecher der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch.

Asylverfahren sollten im Gegenteil möglichst rasch abgewickelt werden, damit die Menschen nicht zum lange Warten und Nichtstun verurteilt seien. Und, so Pollak weiter: es sei ein Politgeplänkel auf dem Rücken von Schutzsuchenden und eine Bankrotterklärung für die Politik.

Die Regierung will ja die Flüchtlingszahlen senken, Mikl-Leitners Modell könnte aber auch das Gegenteil bringen, sagt Alexander Pollak. Die Menschen würden länger in der Grundversorgung bleiben, das sei keine Entlastung.

So sieht das auch Menschenrechtssprecher Nikolaus Scherak von den Neos - obwohl die Dublin-Fälle, also Rückschiebungen in ein anderes EU-Land, beschleunigt werden sollen. Damit würden nicht weniger Menschen nach Österreich kommen. Die Asylverfahren würden noch länger dauern, sagt Scherak. Und es könnten bald mehr Zelte für Flüchtlinge werden, nicht weniger.

Scherak, selbst Jurist, zweifelt außerdem daran, dass das Modell der ÖVP-Ministerin rechtens ist. Nämlich: neue Asylanträge zwar aufzunehmen, sie dann aber nicht weiterzubearbeiten, das Ministerium behilft sich hier mit dem juristischen Kniff einer Verfahrenspause.
Scherak und Pollak sagen, die Ministerin solle ihre Pläne sofort fallen lassen.

Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun nennt Mikl-Leitner "offensichtlich überfordert". Die Freiheitlichen fordern unterdessen erneut temporäre Grenzkontrollen.