Calais: Eurotunnel wird zur Festung

Frankreich und Großbritannien wollen stärker zusammenarbeiten, um die seit Monaten schwelende Krise in der nordfranzösischen Hafenstadt Calais in den Griff zu bekommen. 3.000 Flüchtlinge leben dort in einem inoffiziellen Zeltlager, versuchen auf Lastwagen oder Zügen den Ärmelkanal in Richtung Großbritannien zu überqueren. Nach dem französisch-britischen Abkommen, das heute unterschrieben wird, sollen die Sicherheitsmaßnahmen rund um das Gebiet des Eurotunnels weiter verstärkt werden.

Flüchtlinge gehen entlang der Schienen vor dem Tunnel in Calais

AP/EMILIO MORENATTI

Mittagsjournal, 20.8.2015

Aus Calais,

Angesichts des Flüchtlingsandrangs am Ärmelkanal richten die britische und die französische Polizei ein gemeinsames Kommando- und Kontrollzentrum im nordfranzösischen Calais ein. Die Zentrale diene der Verfolgung "organisierter Krimineller", die versuchten, Migranten illegal nach Nordfrankreich und durch den Ärmelkanal nach Großbritannien zu schmuggeln.

Die gemeinsame Kommandozentrale ist eine der Maßnahmen, die die britische Innenministerin Theresa May und ihr französischer Kollege Bernard Cazeneuve bei einem Treffen in Calais in einem Abkommen vereinbaren. Vorgesehen sind auch die Stationierung weiterer französischer Polizeieinheiten am Ärmelkanal, zusätzliche Fracht-Durchsuchungen, die Installation von Überwachungskameras und Flutlichtanlagen und der Einsatz von Infrarot-Technik. Neben der Sicherheitszusammenarbeit und dem Kampf gegen Schleuserbanden geht es darin auch um humanitäre Hilfe.

In Calais sind tausende Flüchtlinge gestrandet, die auf ein besseres Leben in Großbritannien hoffen. Die meisten von ihnen leben unter miserablen Bedingungen in einem selbst errichteten Zeltlager, das als "Neuer Dschungel" bekannt ist. Hilfsgruppen erwarten, dass die Zahl der Bewohner des Lagers bis Monatsende auf 4.000 anwächst.

Täglich versuchen Flüchtlinge, in Calais auf die Züge durch den Eurotunnel oder auf die Fähren über den Ärmelkanal zu kommen, um so nach Großbritannien zu gelangen. Ende Juli eskalierte die Situation mit mehr als 2.000 Versuchen pro Nacht, auf das Gelände des Eurotunnels zu gelangen. Seitdem neue Zäune um das Gelände am Eurotunnel-Eingang errichtet wurden, ging die Zahl der Fluchtversuche allerdings auf etwa 150 pro Nacht zurück. (Text: APA, Red., Audio: ORF)