Musiktheatertage beginnen mit "Pizzeria Anarchia"
In Wien wird am Donnerstag ein neues Festival für zeitgenössisches Musiktheater eröffnet: Die Musiktheatertage präsentieren bis zum 12. September sieben Uraufführungen, Schauplatz ist das Theater Werk X im Meidlinger Kabelwerk. Die Eröffnungsproduktion "Pizzeria Anarchia" widmet sich einem Ereignis, das vor genau einem Jahr weit über Wien hinaus für heftige Diskussionen gesorgt hat.
26. April 2017, 12:23
Mittagsjournal, 27.8.2015
Im August 2014 räumte ein Riesen-Polizeiaufgebot ein von Punks besetztes Wohnhaus im zweiten Wiener Bezirk. Die bizarre Vorstellung, die Polizei und Hausbesetzer unter medialem Getöse dabei ablieferten, ließ an eine Theaterperformance denken - zumindest ging es dem Wiener Musiktheatermacher Thomas Desi so. Zusammen mit der italienischen Kompagnie Balletto Civile und der Neuköllner Oper Berlin entwickelte er ein Musik-Tanztheater, das er nach den Hausbesetzern benannte: "Pizzeria Anarchia".
Im Vordergrund stünden dabei die emotionalen Beziehungen zwischen den Akteuren, erklärt der künstlerische Leiter der Musiktheatertage: "Die Punks, die vom Hauseigentümer geholt wurden, um die Altmieter zu vertreiben, haben sich mit ihnen solidarisiert. Es sind Beziehungen entstanden und vielleicht auch zerbrochen, und diese Thematik ist für das Theater interessant." Choreografie und Inszenierung stammen von der Tanzkompagnie Balletto Civile, die sofort auf das Thema angesprungen sei, berichtet Thomas Desi.
Politisch brisante Themen auf eine emotionale Ebene herunterzubrechen, ist das Ziel der Musiktheatertage. In der Eigenproduktion "Ujamaa Paradise" befasst sich Thomas Desi etwa mit einer Spielart des Sozialismus im postkolonialen Tansania und will - als Reaktion auf die Flüchtlingskrise - einen neuen Blick auf Afrika werfen. Die Gruppe "Oper unterwegs" wiederum zeigt an verschiedenen Orten außerhalb des Theaters Werk X die Musiktheater-Aktion "Oedipus Lost": Es geht um Ödipus als Religionsstifter der Psychoanalyse.
Die erstmals stattfindenden Musiktheatertage seien eine notwendige Ergänzung, sagt Thomas Desi - etwa zum bestehenden Musiktheaterfestival Netzzeit. Das Festival will Produktionen aus Österreich international sichtbarer machen und daneben auch neues Publikum ansprechen: So ist der Eintritt für alle unter 25 frei.