"Engel des Vergessens" am Akademietheater

Für ihren Debütroman "Engel des Vergessens" wurde Maja Haderlap unter anderem mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis 2011 ausgezeichnet. Nun eröffnet das Wiener Akademietheater die neue Saison mit einer Bühnenfassung, die Haderlap zusammen mit dem Regisseur Georg Schmiedleitner erarbeitet hat. Im Zentrum steht das Trauma, das der Krieg in ihrer Familie und Dorfgemeinschaft hinterlassen hat. Uraufführung ist morgen.

In dem autobiografisch geprägten Buch widmet sich die Kärntner Slowenin einem bisher unbeleuchteten Kapitel der jüngeren Geschichte: dem Partisanenkampf der slowenischen Minderheit im Zweiten Weltkrieg.

Mittagsjournal, 7.9.2015

Es ist eine trügerische Bauernhof-Idylle zwischen Bienenstock und Hühnerstall, die Maja Haderlap am Beginn ihres Romans "Engel des Vergessens" beschreibt - eine Idylle, die in der Bühnenfassung gar nicht erst aufkommt. Ohne Umschweife macht das Stück jenen Schrecken spürbar, der auch in der Romanvorlage nach und nach Einzug hält. Maja Haderlap: "Ich habe den Roman aus einer bestimmten Dringlichkeit geschrieben. Ich wollte vermitteln, wie der Krieg auch in den Familien nachwirkt. Die Ich-Erzählerin im Buch habe ich als Medium verstanden, um diese Geschichten überhaupt zu erzählen, denn es sind prekäre Geschichten."

Das Nachkriegskind erzählt

Die Ich-Erzählerin ist ein Nachkriegskind. Sie wächst in einer Familie und Dorfgemeinschaft ehemaliger Partisanenkämpfer auf. Ihr Vater wurde als kaum Zwölfjähriger von der Gestapo gefoltert, die Großmutter ins Frauen-KZ Ravensbrück deportiert. Beide haben überlebt: Während der Vater seinen Schmerz mit Alkohol bekämpft, gibt sich die Großmutter als resolute Patriarchin, die sich an ihre Glaubenssätze klammert.

"Im Theater fällt mir auf, dass hier eine Gesellschaftsschicht - vom Rand der Gesellschaft und des Landes - zur Sprache kommt, die man sonst nicht auf Bühnen sieht. Und wenn, dann nur in Schwarz-Weiß-Schablonen", sagt Maja Haderlap, die als ehemalige Dramaturgin am Klagenfurter Stadttheater auch langjährige Bühnenerfahrung hat.

"Wir sind mittendrin"

Ihr Buch "Engel des Vergessens" habe den Kampf der Kärntner Slowenen gegen die deutsche Wehrmacht erst ins öffentliche Bewusstsein gerückt, hieß es vielfach nach der Veröffentlichung. Einen Beitrag soll nun auch die Bühnenadaption leisten, sagt Regisseur Georg Schmiedleitner: "So wie ein Land mit der Zeitgeschichte umgeht, so geht es auch mit der Gegenwart um. Wir sind mittendrin in einer Minderheiten-Thematik mit Flüchtlingen, mit Asylanten. Wiederum geht es darum, wie geht man mit solchen ungewohnten Situationen um. Schon wieder tappen wir in die ersten Fehler hinein."

Im Akademietheater zu sehen sind unter anderem Gregor Bloeb als Vater und Elisabeth Orth - übrigens eine Wunschbesetzung von Maja Haderlap - in der Rolle der Großmutter.

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Akademietheater - Engel des Vergessens

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