Neues Buch von Najem Wali: "Bagdad"
Seit 35 Jahren lebt der 1956 geborene irakische Autor Najem Wali in Berlin. 1980 floh er aus dem irakisch-iranischen Krieg nach Deutschland. Wali, dessen Bücher bis 2003 im Irak verboten waren, setzt sich in seinen Romanen vor allem mit der politischen und kulturellen Geschichte seines Landes und vor allem "seiner" Stadt Bagdad auseinander.
8. April 2017, 21:58
In seinem aktuellen Buch "Bagdad - Erinnerungen an eine Weltstadt" zeichnet er die Geschichte der Stadt von der einst pulsierenden Weltmetropole zu einem Ort des Krieges und Terrorismus.
Morgenjournal, 2.11.2015
Wenn Najem Wali an seine Heimat denkt, hat er den Duft von frischem Brot in der Nase und den Klang von fantastischen Erzählungen im Ohr. "Meine Großmutter war Bäckerin", erinnert sich der Autor, "sie hat nachts den Teig geknetet und geraucht. Und sie hat Geschichten erzählt, das war eine Kunst."
34 Kapitel umfasst sein Erinnerungsbuch, beginnend mit den Geschäftsreisen des Vaters, der dem achtjährigen Najem von jeder Fahrt nach Bagdad kleine Aufmerksamkeiten, Postkarten und abenteuerliche Geschichten mitbrachte. Später, als Student der deutschen Literatur, tauchte er selbst ein in die Magie der Stadt: Es ist das Bagdad der Bars, Kinos und Cafés, die Stadt der Schriftsteller, Dichter und Intellektuellen. Nostalgie und Wehmut schwingen mit, wenn er etwa vom Studentenleben der 1970er Jahre erzählt.
Najem Wali verbindet seine Biografie mit der Architektur und Kulturgeschichte der Stadt, ergänzt durch zahlreiche Fotos und persönliche Reflexionen. Auch wenn er selbst es als Sachbuch bezeichnet, die literarische Fiktion erhält dennoch ihren festen Platz darin, wie in allen seinen Texten, denn: "Ein Sachbuch braucht auch literarische Fantasie", so Wali: "Wo sich meine Biografie und die der Stadt kreuzen, da wird es sehr literarisch."
Walis "Flucht aus dem Paradies"
Nach Verfolgung, Verhaftung und Folter durch die Baath-Partei trat Wali 1980 kurz nach Ausbruch des irakisch-iranischen Kriegs die Flucht nach Deutschland an - die Vertreibung aus dem Paradies, wie er sie heute nennt. Erst seit 2003 kann er die Stadt wieder besuchen, vom früheren Glanz der Weltmetropole ist wenig geblieben.
Heute lebt Wali als Schriftsteller und Journalist in Berlin, schreibt für arabische und deutsche Zeitungen, gleichsam als Vermittler zwischen den Welten. Nach dem Anschlag auf "Charlie Hebdo" etwa fasste er im deutschsprachigen Feuilleton die Reaktionen in der arabischen Presse zusammen, im Frühjahr erläuterte er Hintergründe und Folgen terroristischer Kunstzerstörungen im Nordirak. Regelmäßig setzt er sich außerdem für eine friedliche politische Lösung im Syrienkrieg ein.
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Najem Wali, "Bagdad - Erinnerungen an eine Weltstadt", Hanser Verlag