Urfassung des "Fliegenden Holländer"

Am Theater an der Wien hatte gestern Abend Richard Wagners Oper "Der fliegende Holländer" Premiere - in der sogenannten Urfassung von 1841. Am Pult seines Orchesters Les Musiciens du Louvre Grenoble stand Marc Mincowski, der schon im Wagnerjahre 2013 diese Fassung ins Wiener Konzerthaus gebracht hatte. Inszeniert hat Olivier Py.

Morgenjournal, 13.11.2015

Metapher für Theater und Kunst

Was sind so die herkömmlichen Assoziationen, wenn man an den "Fliegenden Holländer" denkt? Meer, Schiffe, Seefahrer? Im Theater an der Wien kann man herkömmliche Gedanken vergessen, denn für Regisseur Olivier Py hat der "Fliegende Holländer" nichts mit realen Seeleuten und dem Leben auf dem Meer zu tun. Er versteht das Schiff als Metapher für Theater und Kunst, erzählt eine Parabel über Kunst und Künstler.

Alles wird visuell kommentiert

Der Abend beginnt mit einer durchinszenierten Ouvertüre mit der toten Senta. Dann geht's los in einem Bretterverschlag, in dem sich beim Monolog aufs Stichwort Kreuze erheben, ein Engel über die Bühne marschiert. Es wird ein kleines Häuschen herumgetragen, damit man versteht, wo Daland wohnt - pardon Donald, wir wohnen ja der Originalfassung, die in Schottland spielt bei. Durch all das tanzt begleitend und pantomimisch kommentierend Satan. Alles Gesungene wird visuell kommentiert, auch während Sentas Ballade werden im Hintergrund Sessel und Leitern herumgeschleppt und Seile gespannt. Manch einer hatte den Wunsch geäußert zu rufen: Es reicht, ich hab's verstanden.

Massiver Klang der Urfassung

Im Orchestergraben steht Marc Minkowski, seines Zeichens Originalklangspezialist mit seinen Les Musiciens du Louvre Grenoble, die auf historischen Instrumenten die Urfassung des "Holländer" spielen. Die Idee ist auch für Wien nicht neu - war schon 2013 in derselben Kombination im Wiener Konzerthaus zu hören gewesen.

Der Klang der Urfassung ist massiver als der der späteren Fassung, der Schluss ist ohne Verklärungsende. Alles ist weniger melancholisch, fast hart komponiert. Und da kommen die historischen Instrumente ins Spiel, die in dem Fall doch eher gewöhnungsbedürftig sind. Und so ziehen sich zwei Stunden ohne Pause zwischendurch gewaltig, bevor Marc Minkowski zum Schluss noch einmal furios wird.

Bravos für Ingela Brimberg und Bernhard Richter

An der Spitze der Sängerinnen und Sänger steht Ingela Brimberg (übrigens schon die Senta der Urfassung 2013 im Konzerthaus). Sie ist der Lichtblick der Premiere. Neben ihr Lars Woldt als polternder Donald, Bernhard Richter als George sprich Eric und Samuel Youn in der Titelpartie. Er forcierte sich durch den Abend, produzierte zwischendurch seltsam gerade Töne und verlegte sich zum Schluss aufs Charakterisieren statt aufs Phrasieren.

Irgendwie war es ein Abend, der wenig berührte. Am Ende gab es verdienterweise die meisten Bravorufe für Ingela Brimberg und Bernhard Richter; für alle anderen Sänger mehr oder weniger Bravos, für Olivier Py Applaus und Bravos; am ersten Rang hatten etliche Besucher die Arme verschränkte; für Marc Minkowski mischten sich in die Bravos einige Buhrufe.

Service

Die Vorstellung am 24. November wird vom Theater an der Wien per Livestream kostenpflichtig übertragen.

Theater an der Wien – Der fliegende Holländer

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